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US-Zolldruck auf Pharma «Schweiz muss Handelsbilanzdefizit mit USA verkleinern»

Schweizer Firmen machen viele Angebote für Investitionen in den USA. Trotzdem gibt es keinen Zolldeal mit Trump – bis jetzt. Nun drohen noch Zölle auf Pharmaprodukte. Die Schweiz müsse sich nun freiwillig verpflichten, das Handelsdefizit zu senken, so Hans Gersbach von der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich.

Hans Gersbach

Ökonom

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Hans Gersbach ist Co-Direktor der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich. Er befasst sich mit der Ausgestaltung neuer ökonomischer und politischer Institutionen, die das langfristige Allgemeinwohl fördern. Seine Forschungsgebiete umfassen zudem Geldtheorie und Geldpolitik, Innovation und Wachstumsprozesse, epidemische Krankheiten, Fragen der Stabilität von Banken- und Finanzsystemen und allgemeine Gleichgewichtstheorie. Gersbach ist ordentlicher Professor am Departement für Management, Technologie und Ökonomie.

SRF News: Beunruhigt Sie volkswirtschaftlich die Pharmaindustrie momentan am meisten?

Hans Gersbach: Tatsächlich ist jetzt die Pharmaindustrie im Brennpunkt. Sie war über die letzten Jahre die wichtigste Treiberin des Bruttoinlandprodukts der Schweiz. Die Pharma macht sechs Prozent des BIP aus. Aktuell gibt es drei Risiken: mögliche Zölle, die massive Wertschöpfungsverlagerung vor allem in die USA und die Reduktion der Investitionen in der Schweiz. Das sind beträchtliche volkswirtschaftliche Risiken.

Die Schweiz kann sich nun verpflichten, diese 40 Milliarden in ein oder zwei Jahren zu reduzieren.

Sie sprachen sich bereits für einen Deal aus, als die US-Zölle auf den Tisch kamen. Die bisherige Verhandlungsstrategie war nicht erfolgreich. Präsentiert die KOF nun eine Alternative?

Es gibt zwei Strategien, wie vorgegangen werden kann. Die erste: Man verpflichtet sich auf eine Liste mit Angeboten von Importen, Investitionen von Firmen und Marktzugängen. Darauf hat die Schweiz bisher gesetzt. Die zweite: Man geht das Handelsdefizit direkt an. Die USA betonen immer wieder, diese 40 Milliarden seien das Problem. Die Schweiz kann sich nun verpflichten, diese 40 Milliarden in ein oder zwei Jahren zu reduzieren. Wie, das bestimmt die Schweiz. Das wäre eine gute Alternative. So kommt man dem Hauptanliegen von Trump direkt entgegen – mit geringeren volkswirtschaftlichen Kosten.

Wie könnte dieses Handelsdefizit verkleinert werden?

Es gibt fünf Massnahmen. Erstens: Das Defizit wird automatisch sinken, weil zum Beispiel die Pharmafirmen so oder so in den USA investieren. Zweitens: Der Goldhandel darf keinen Überschuss produzieren. Das heisst, wenn ein solcher droht, müssen Geschäfte über Asien abgewickelt werden. Drittens: geplante Einkäufe, wie beispielsweise Flugzeuge. Viertens: Sicherungskäufe von Gold oder Seltenen Erden für den Notfall, wenn das Ziel nicht erreicht wird. Fünftens: Den Mix aus Gütern und Dienstleistungen verändern. Neu würden zum Beispiel Updates bei Software nicht mehr als Güter verrechnet, sondern als Dienstleistungen. So lassen sich die 40 Milliarden verkleinern.

Was wäre der Vorteil eines solchen Deals?

Die Wirtschaftsfreiheit wird nicht berührt. Die Exportindustrie wäre vollständig geschützt. Unsere Volkswirtschaft basiert auf Exporten. Die volkswirtschaftlichen Kosten wären deutlich geringer. Mit diesem Ansatz könnten wir das Beste für die Schweiz herausholen.

Hätte die Schweiz diese Doppelstrategie früher gefahren, wären allenfalls die Chancen für einen Deal besser gewesen.

Wie realistisch ist eine solche Lösung?

Wir haben diese Strategie in die Diskussion eingebracht. Da Trump und der Handelsminister immer wieder auf diese 40 Milliarden pochen, scheinen sie dafür empfänglich. Nun könnte mit beiden Strategien weiterverhandelt werden. Hätte die Schweiz diese Doppelstrategie früher gefahren, wären allenfalls die Chancen für einen Deal besser gewesen.

Das Gespräch führte Karoline Arn.

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Korrekturhinweis

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In einer ersten Fassung haben wir geschrieben, dass die Pharmabranche 60 Prozent des BIP der Schweiz ausmache. Tatsächlich sind es 6 Prozent. Der Text wurde entsprechend angepasst.

Tagesgespräch, 7.10.2025, 13 Uhr ; 

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