Sie sind kaum zu entdecken, die einst als Geheimwaffe der Schweizer Armee bezeichneten Kampfbunkeranlagen. Unter einem unscheinbaren Deckel verbirgt sich ein doppelter Werfer, der tödliche Granaten verschiessen kann.
Von diesen Kampfbunkeranlagen mit Festungsminenwerfern gibt es hierzulande über hundert. Sie sichern die Landesgrenzen und Transitachsen.
Einer dieser Bunker verbirgt sich im bündnerischen Trin. Dort liegt einer der wenigen Festungsminenwerfer, die nicht geheim sind. Die Armee hat die Anlage kurz vor dem russischen Überfall auf die Ukraine an einen privaten Verein verkauft.
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Bild 1 von 5. Bei der Kampfbunkeranlage in Trin ist an der Oberfläche nur ein unscheinbarer Deckel zu sehen. Wird dieser Deckel weggedreht, erscheint ein doppelter Minenwerfer, der in alle Himmelsrichtungen etwa acht Kilometer weit schiessen kann. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 5. «Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir eine der wenigen Anlagen übernehmen und der Öffentlichkeit zugänglich machen konnten», sagt Markus Diethelm, Präsident des Festungsmuseums in Trin. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 5. In Trin wurden zu Testzwecken gerade einmal 20 Granaten verschossen. «In der Anlage hat nie ein WK stattgefunden, es ist quasi eine neue Anlage», erklärt Markus Diethelm. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 5. Im Munitionsraum ist Platz für dreitausend Granaten vorhanden. Damit wären im Kriegsfall Truppen oder auch einzelne Panzer beschossen worden. Bildquelle: SRF.
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Bild 5 von 5. Trin liegt im Kanton Graubünden, mit dem Auto eine Viertelstunde von Chur entfernt. Bildquelle: Datawrapper.
Sechs solche Anlagen hat die Armee verkauft, bis Russland die Ukraine überfiel. Seither hat sie weitere geplante Übergaben an Private gestoppt.
Letzter Bunker erst 2003 gebaut
Der Kampfbunker in Trin wurde unter grosser Geheimhaltung 1988 gebaut. Die letzte solche Anlage hat die Armee erst 2003 eingeweiht und wenige Jahre später ausser Betrieb genommen.
Der Bund hat diese Anlage aus Sicherheitsgründen schiessuntauglich gemacht. Doch das liesse sich jederzeit wieder rückgängig machen. 2018 entschied das Parlament, die rund hundert Anlagen mit Festungsminenwerfern abbrechen zu lassen, weil der Feind fehlte.
Der ehemalige Verteidigungsminister Ueli Maurer rechnete damals mit Rückbaukosten von einer Milliarde Franken – gleich viel, wie der Aufbau des Kampfbunker-Netzwerkes gekostet hatte. Damals sprach Maurer vom «Ende des Reduit-Konzeptes».
Jetzt sagt Armeechef Thomas Süssli gegenüber SRF erstmals: Er könne sich vorstellen, die Festungsminenwerfer teilweise wieder in Betrieb zu nehmen. «Ein sehr grosser Teil ist in einem sehr guten Zustand und könnte in kurzer Zeit mit Bewilligung des Parlaments wieder instand gestellt werden.»
Militärisch würde eine Reaktivierung einzelner Anlagen Sinn machen, weil die Festungsminenwerfer in gewissen Geländeabschnitten die einzigen militärischen Einrichtungen seien, fügt Süssli an.
Von «Retro-Nostalgie» über «Grabenkampf im Rheintal»
SP-Sicherheitspolitikerin Priska Seiler Graf, Präsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats, hält gar nichts von diesen Plänen. «Die Festungsminenwerfer sind Retro-Nostalgie», sagt Seiler-Graf. «Der Nachteil ist: Sie sind ortsgebunden und mit zielgerichteter Munition sofort zerstört.»
Der Chef der Armee erwidert: So einfach könne eine solche Kampfbunkeranlage auch in einem modernen Krieg nicht vernichtet werden. Die Festungsminenwerfer seien sehr gut geschützt, so Süssli. «Es braucht einen Volltreffer auf die Anlage, um sie zu zerstören.»
Dass die Armee die Festungsminenwerfer teilweise wieder aktivieren will, freut SVP-Sicherheitspolitiker Werner Salzmann. Der Berner Ständerat wehrte sich im Parlament mehrfach gegen den Rückbau der Anlagen. Im Ukraine-Krieg würden Grabenkämpfe wie im Ersten Weltkrieg stattfinden, so Salzmann. «Wenn ich an einen Grabenkampf im Rheintal denke, dann wären wir wahrscheinlich froh um diese Festungen, Minenwerfer und Waffensysteme.»
Vorderhand sollen die über hundert Kampfbunkeranlagen als Munitionslager oder Truppenunterkunft dienen. Die Waffen sollen erst reaktiviert werden, wenn sich die Sicherheitslage verschlechtern würde.