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Veränderte Sicherheitslage Armeechef Süssli will einst geheime Kampfbunker reaktivieren

Bis 2003 hat die Armee ein Netzwerk von streng geheimen Kampfbunkeranlagen mit Minenwerfern aufgebaut. Mit dem Ukraine-Krieg wurde der geplante Abbruch der Bunker gestoppt. Nun skizziert Armeechef Thomas Süssli erstmals, wie er einzelne Bunker wieder in Betrieb nehmen will.

Sie sind kaum zu entdecken, die einst als Geheimwaffe der Schweizer Armee bezeichneten Kampfbunkeranlagen. Unter einem unscheinbaren Deckel verbirgt sich ein doppelter Werfer, der tödliche Granaten verschiessen kann.

Von diesen Kampfbunkeranlagen mit Festungsminenwerfern gibt es hierzulande über hundert. Sie sichern die Landesgrenzen und Transitachsen.

Grafische Karte der Schweiz mit roten Kreisen und blauen Seen.
Legende: Schweizer Netzwerk der Festungsminenwerfer Dargestellt sind die ungefähren Positionen. Die genauen Standorte und das Innere der Kampfbunker waren streng geheim – und sind es wieder seit dem Ukraine-Krieg. SRF

Einer dieser Bunker verbirgt sich im bündnerischen Trin. Dort liegt einer der wenigen Festungsminenwerfer, die nicht geheim sind. Die Armee hat die Anlage kurz vor dem russischen Überfall auf die Ukraine an einen privaten Verein verkauft.

Sechs solche Anlagen hat die Armee verkauft, bis Russland die Ukraine überfiel. Seither hat sie weitere geplante Übergaben an Private gestoppt.

Letzter Bunker erst 2003 gebaut

Der Kampfbunker in Trin wurde unter grosser Geheimhaltung 1988 gebaut. Die letzte solche Anlage hat die Armee erst 2003 eingeweiht und wenige Jahre später ausser Betrieb genommen.

Der Bund hat diese Anlage aus Sicherheitsgründen schiessuntauglich gemacht. Doch das liesse sich jederzeit wieder rückgängig machen. 2018 entschied das Parlament, die rund hundert Anlagen mit Festungsminenwerfern abbrechen zu lassen, weil der Feind fehlte.

Der ehemalige Verteidigungsminister Ueli Maurer rechnete damals mit Rückbaukosten von einer Milliarde Franken – gleich viel, wie der Aufbau des Kampfbunker-Netzwerkes gekostet hatte. Damals sprach Maurer vom «Ende des Reduit-Konzeptes».

Reduit – einfach erklärt

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Das sogenannte Reduit ist ein System aus militärischen Verteidigungsanlagen in den Alpen. Dort konzentrierte sich im Zweiten Weltkrieg die Landesverteidigung angesichts einer Einschliessung der Schweiz durch die Achsenmächte Italien und Deutschland. Während dieser Zeit wurden diese Anlagen Inbegriff der hiesigen militärischen Widerstandsfähigkeit.

Jetzt sagt Armeechef Thomas Süssli gegenüber SRF erstmals: Er könne sich vorstellen, die Festungsminenwerfer teilweise wieder in Betrieb zu nehmen. «Ein sehr grosser Teil ist in einem sehr guten Zustand und könnte in kurzer Zeit mit Bewilligung des Parlaments wieder instand gestellt werden.»

Militärisch würde eine Reaktivierung einzelner Anlagen Sinn machen, weil die Festungsminenwerfer in gewissen Geländeabschnitten die einzigen militärischen Einrichtungen seien, fügt Süssli an.

Von «Retro-Nostalgie» über «Grabenkampf im Rheintal»

SP-Sicherheitspolitikerin Priska Seiler Graf, Präsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats, hält gar nichts von diesen Plänen. «Die Festungsminenwerfer sind Retro-Nostalgie», sagt Seiler-Graf. «Der Nachteil ist: Sie sind ortsgebunden und mit zielgerichteter Munition sofort zerstört.»

Der Chef der Armee erwidert: So einfach könne eine solche Kampfbunkeranlage auch in einem modernen Krieg nicht vernichtet werden. Die Festungsminenwerfer seien sehr gut geschützt, so Süssli. «Es braucht einen Volltreffer auf die Anlage, um sie zu zerstören.»

Kein Personal für Kampfbunker-Anlagen

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Es gibt aktuell keine Festungstruppen mehr. Das Personal und die Erfahrung fehlen, um die Mörser in den Kampfbunkeranlagen zu bedienen.

Armeechef Thomas Süssli spielt mit dem Gedanken, wieder Truppen auf den Anlagen zu schulen, sollte sich die Bedrohungslage verschlechtern. «In der Infanterie oder den mechanisierten Truppen sind sie auf dem mobilen Mörser ausgebildet», erklärt Süssli. «Als Zweitausbildung könnten wir auch wieder auf dem stationären Mörser ausbilden.»

Dass die Armee die Festungsminenwerfer teilweise wieder aktivieren will, freut SVP-Sicherheitspolitiker Werner Salzmann. Der Berner Ständerat wehrte sich im Parlament mehrfach gegen den Rückbau der Anlagen. Im Ukraine-Krieg würden Grabenkämpfe wie im Ersten Weltkrieg stattfinden, so Salzmann. «Wenn ich an einen Grabenkampf im Rheintal denke, dann wären wir wahrscheinlich froh um diese Festungen, Minenwerfer und Waffensysteme.»

Vorderhand sollen die über hundert Kampfbunkeranlagen als Munitionslager oder Truppenunterkunft dienen. Die Waffen sollen erst reaktiviert werden, wenn sich die Sicherheitslage verschlechtern würde.

Heute Morgen, 8.5.2025, 6 Uhr;liea

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