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Vermittlung im Syrienkonflikt «Die Schweiz verfügt über erfahrene Leute»

Der Bundesrat hat die Luftangriffe einiger westlicher Staaten auf die syrische Regierung vom vergangenen Wochenende weder begrüsst noch verurteilt. Trotzdem verfolge man die Eskalation mit Sorge.

Aussenminister Ignazio Cassis sagte, die Schweiz solle sich «international als neutraler und unparteiischer Partner positionieren» und signalisierte die Bereitschaft im Konflikt eine Vermittlerposition einzunehmen. SRF-Korrespondent Fredy Gsteiger analysiert die Möglichkeiten.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

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SRF News: Aussenminister Ignazio Cassis sieht für die Schweiz im Syrienkonflikt eine Vermittlerrolle. Ist die Schweiz überhaupt geeignet für eine solche Aufgabe?

Fredy Gsteiger: Die Schweiz gehört zu den wenigen Ländern, die überhaupt in Frage kämen als Vermittler. Zwar gibt es heutzutage auch auf dem Feld der «Guten Dienste» in der Diplomatie durchaus eine Konkurrenzsituation zwischen Staaten. Die Schweiz ist längst nicht mehr die einzige Anbieterin «guter Dienste». Länder wie Norwegen, das im Friedensprozess im Nahen Osten in den 1990er Jahren eine wichtige Rolle spielte und in Sri Lanka oder Schweden, das sich im Fall Nordkorea seit einiger Zeit engagiert, bieten sich traditionell ebenfalls an für solche Aufgaben. Aber auch Länder wie Brasilien oder Costa Rica.

Im Fall Syrien spricht für die Schweiz, dass sie anders als Norwegen nicht der Nato angehört und anders als Schweden nicht der EU.

Im Fall Syrien spricht aber für die Schweiz, dass sie anders als Norwegen nicht der Nato angehört und anders als Schweden nicht der EU, welche Sanktionen gegen Russland beschlossen hat. Die Schweiz hat sich diesen Sanktionen nicht angeschlossen, sondern sich nur dazu bereit erklärt, nicht zu deren Umgehung beizutragen.

Die Schweiz verfügt zur syrischen Regierung zumindest nicht über schlechtere Beziehungen als andere Länder.

Grundvoraussetzung für eine Vermittlerrolle ist, dass sie von allen relevanten Akteuren in einem Konflikt akzeptiert wird. Im Fall Syrien wäre das für die Schweiz weitgehend gegeben: Sie verfügt zur syrischen Regierung zumindest nicht über schlechtere Beziehungen als andere Länder. Zu Russland und zum Iran, beides Schlüsselfaktoren in Syrien, sogar über deutlich bessere als die meisten westlichen Staaten. Es spricht nichts Offenkundiges dagegen, dass auch für die USA, die Golfstaaten oder Israel eine Schweizer Vermittlung akzeptabel wäre. Einzig im Verhältnis zur Türkei bestehen seit längerem Spannungen – allerdings nicht in einem Ausmass, dass sich Ankara deswegen querstellen würde, sollten die übrigen Beteiligten eine Schweizer Vermittlung wünschen.

Wäre die Schweiz imstande, diese Herausforderung anzunehmen?

Ja. Sie verfügt auf diesem Feld über Erfahrung und über erfahrene Leute, nicht zuletzt im diplomatischen Korps, aber auch darüber hinaus, etwa an Universitäten und in Denkfabriken. In Kolumbien oder im Türkei-Armenien-Konflikt, um nur zwei Beispiele zu nennen, hat sie das bewiesen. Auch im Nahen Osten lancierte die Schweiz 2003 die sogenannte «Genfer Initiative», die zur Lösung des Palästinakonflikts führen sollte. Die nahöstliche Wetterlage verhindert zwar bis heute, dass aus der Initiative etwas Konkretes wurde. Sie gilt aber nach wie vor als gute Basis, sollte es künftig zu ernsthaften Friedensverhandlungen zwischen Israel und Palästina kommen.

Es wäre durchaus denkbar, dass die Schweiz aus ihrer heutigen diskreten in eine deutlich sichtbarere Rolle wechseln würde.

Dazu kommt, dass die Schweiz im Syrienkonflikt bereits heute keine unwichtige Rolle spielt. Allerdings weitgehend hinter den Kulissen. Sie unterstützt finanziell und logistisch seit Jahren den Uno-Friedensprozess, der in Genf stattfindet und zurzeit vom Uno-Vermittler Staffan de Mistura geleitet wird. An diesem Prozess ist die Schweiz auch inhaltlich beteiligt, etwa mit Experten, die sich um eine neue Verfassung für Syrien bemühen. Es wäre also durchaus denkbar, dass die Schweiz aus ihrer heutigen diskreten in eine deutlich sichtbarere Rolle wechseln würde. Die Frage stellt sich jedoch, ob sie diese Rolle weiterhin im Rahmen des Uno-Prozesses spielen würde oder ob man einen Parallelprozess lancieren würde. Das ist zurzeit noch völlig unklar.

Rohani und Putin an einem Tisch.
Legende: Russland und Iran kommt eine Schlüsselrolle in den Verhandlungen zu. Die Schweiz pflegt zu beiden Staaten keine schlechten Beziehungen. Reuters
Viele Vermittlungen beginnen am Anfang sehr diskret und ausserhalb des Scheinwerferlichts.

Wie wahrscheinlich ist, dass die Schweiz zum Zug kommt?

Im Moment noch nicht sehr wahrscheinlich. Vor allem darf sich die Schweiz nicht offensiv selber anpreisen. Wer sich selber zu forsch ins Gespräch bringt, sägt sich meistens gleich ab. Für die Übernahme einer Vermittlerrolle muss man gebeten werden – entweder von der Uno oder von jenen Ländern, die in einem Konfliktgebiet über Einfluss verfügen. Viele Vermittlungen beginnen am Anfang sehr diskret und ausserhalb des Scheinwerferlichts. So wusste die Weltöffentlichkeit lange Zeit nicht, dass Norwegen in den 1990er Jahren im Nahen Osten vermittelt, was dann am Ende zum «Oslo-Abkommen» führte. Und auch die schwedische Rolle in der Nordkoreakrise wurde erst in jüngster Zeit wirklich publik. Es ist richtig, dass die Schweiz grundsätzlich ihre Bereitschaft signalisiert, eine mögliche Herausforderung als Vermittlerin anzunehmen. Das tut sie seit längerer Zeit. Die Welt weiss also, dass Bern zur Verfügung stünde.

Wie stünde es um die Erfolgschancen einer Schweizer Vermittlung?

Sie sind zurzeit ausgesprochen gering. Was nichts mit der Schweiz zu tun hat, sondern mit der Gemengelage und den Kräfte- und Machtverhältnissen in Syrien. Auch wenn seit ein paar Tagen wieder vermehrt von Diplomatie und nötigen Verhandlungen die Rede ist, sieht es zurzeit nicht danach aus, dass ein Friedensprozess und eine Vermittlung tatsächlich mehr Chancen hätten als bisher. Etliche Akteure sind nicht wirklich friedenswillig. Oder zumindest nicht bereit zu Verhandlungen, in denen sie selber erkleckliche Zugeständnisse machen müssten. Zwar muss man jede Chance nützen, einen politischen Ausweg aus dem blutigen Krieg zu finden. Aber momentan nimmt sich diese Chance sehr bescheiden aus.

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