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Verurteilt in Paris Bund will «Emir» aus Waadtland den Schweizer Pass entziehen

Der kürzlich in Paris zu 15 Jahren Haft verurteilte Schweizer «Emir» zählt zur Liste jener Doppelbürger unter Terrorismusverdacht, denen das Staatssekretariat für Migration SEM die Schweizer Staatsbürgerschaft entziehen will. Das ergaben Recherchen von SRF News.

Der heute 31-jährige wurde Mitte Januar wegen angeblicher Vorbereitungen von Terroranschlägen in Frankreich und der Schweiz schuldig gesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sobald die Rechtskraft eintritt, will das SEM offenbar umgehend das Verfahren starten.

Rekurs möglich

Der schweizerisch-bosnische Doppelbürger könnte sich juristisch gegen den angestrebten Bürgerrechts-Entzug zur Wehr setzen, das Bundesverwaltungsgericht müsste darüber entscheiden

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Aus dem Archiv: Drei Schweizer Jihadisten – ein Netzwerk
Aus 10 vor 10 vom 28.01.2021.
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Seit seiner Verhaftung im November 2017 sitzt M. in französischen Haftanstalten – und in die Schweiz soll er auch nach Verbüssen seiner Strafe nicht zurückkehren. Das scheint die Absicht der Schweizer Behörden zu sein, wie Recherchen von Radio RTS und SRF News ergaben.

Zu Einzelfällen will sich das Staatssekretariat für Migration (SEM) nicht äussern, doch bestätigen mehrere Quellen, dass die Behörde das Verfahren zum Entzug der Schweizer Staatsbürgerschaft so weit vorbereitet habe, dass es sofort nach Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils in Frankreich eröffnet werden könne.

Gegen einen SEM-Entscheid könnte M. Rekurs einlegen. Unterliegt der schweizerisch-bosnische Doppelbürger, so würde sogleich der nächste Schritt folgen: Ein Einreiseverbot für das Schweizer Territorium oder gar den gesamten Schengen-Raum durch das Bundesamt für Polizei Fedpol. Auch dort laufen entsprechende Vorbereitungen offenbar bereits.

Teilstrafe soll in der Schweiz verbüsst werden

Grundsätzlich möglich wäre eine Rückkehr des erstinstanzlich verurteilten «Emirs» M. in die Schweiz nach Absitzen der auf 15 Jahre festgelegten Haftstrafe in Frankreich. Dann müsste er Frankreich umgehend verlassen, denn das Gericht in Paris hat den Mann auch mit einem Verbot zum Betreten des französischen Territoriums belegt.

Seine französischen Anwältinnen streben zwar an, dass M. zumindest einen Teil seines Strafvollzugs hierzulande absitzen kann. Damit würde er schon früher in die Schweiz zurückkehren, wenn auch in eine Strafvollzuganstalt. Einer solchen Überstellung müssten aber beide Staaten zustimmen, was derzeit fraglich scheint. Dies auch, weil das Gericht in Paris zwei Drittel der Strafe als Sicherheitshaft festgelegt hat, und während dieser Zeit scheint eine Überstellung in die Schweiz nach französischem Recht nicht möglich.

Mehrere Fälle hängig

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Der angestrebte Bürgerrechts-Entzug im Fall M. reiht sich ein in mehrere Verfahren, die das SEM gestartet hat: Ein erster Fall ist rechtskräftig, betroffen ist eine Frau aus Genf, die ihre Kinder ins IS-Territorium entführt hatte und die heute mit ihren Kindern in einem Camp im Nordosten Syriens interniert ist. Der Bürgerrechts-Entzug war rechtskräftig geworden, nachdem die Frau auf einen Rekurs verzichtet hatte. Ein weiteres Verfahren läuft gegen einen IS-Anhänger aus dem Tessin, es ist vor Bundesstrafgericht hängig – das wäre der erste Fall, der von einem Schweizer Gericht beurteilt würde.

Das SEM hat zudem weitere Entzugsverfahren eingeleitet, so gegen einen Dschihadisten aus Arbon, ein Schweizerisch-Türkischer Doppelbürger, der in der Türkei inhaftiert ist. Das gab das SEM diese Woche im Bundesblatt bekannt, wie der «Tages-Anzeiger» berichtete. Rund ein Dutzend weitere Fälle würden geprüft, teilet das SEM heute mit.

So scheint derzeit der wahrscheinlichste Verlauf zu sein, dass M. bis auf Weiteres in einem französischen Gefängnis bleibt. Setzen sich die Schweizer Behörden durch und entziehen ihm rechtskräftig das Bürgerrecht und setzen anschliessend eine Einreisesperre fest, so bliebe den französischen Behörden dereinst nur eines: M., dem noch die bosnische Staatsbürgerschaft bliebe, nach Verbüssen seiner Haftstrafe nach Bosnien-Herzegowina auszuschaffen.

10 vor 10 vom 18.01.2021, 21:50 Uhr

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