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Vor allem kleine Gefängnisse sind sanierungsbedürftig
Aus SRF 4 News aktuell vom 17.05.2018.
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Viele kleine Gefängnisse «Wir sollten in grösseren Räumen denken und planen»

Am 10. Juni stimmt die Schaffhauser Bevölkerung darüber ab, ob für 100 Millionen Franken ein neues kantonales Gefängnis gebaut werden soll. Das bestehende Gefängnis ist veraltet.

In ähnlichem Zustand sind viele andere Gefängnisse in der Schweiz. Um das zu ändern, fordert Strafvollzugsexperte Benjamin Brägger eine stärkere Zusammenarbeit der Kantone.

Benjamin Brägger

Benjamin Brägger

Strafvollzugsexperte

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Der Jurist Benjamin Brägger ist Strafvollzugsexperte. Er war Führungskraft in Strafanstalten und Amtsleiter eines kantonalen Amtes für Justizvollzug und unterrichtet unter anderem an der Universität Bern.

SRF News: Welche Gefängnisse sind sanierungsbedürftig?

Benjamin Brägger: In der Deutschschweiz haben wir vielfach bei den Regional- und Bezirksgefängnissen Probleme. Sie sind häufig 100 oder mehr Jahre alt, und es wurde selten investiert. Das hat auch damit zu tun, das sich bei den grossen sogenannten Konkordatsanstalten der Bund mit 35 Prozent an Sanierungs- oder Neubaukosten beteiligt. Bei den kleinen kantonalen Gefängnissen ist das nicht der Fall. Es ist schwieriger, die Infrastruktur nur mit kantonalen Mitteln zu sanieren.

Gibt es in der Deutschschweiz zu viele kleine kantonale Gefängnisse?

Ja. Es gibt kantonale Anstalten mit 20, 40 oder 60 Plätzen. Diese kann man heute weder von der Sicherheit, noch von der betriebswirtschaftlichen Seite, noch von der Aufsicht und Betreuung her vernünftig betreiben. Anstalten sollten 100 bis 250 Plätze haben. Wir sollten im Bereich dieser kantonalen oder regionalen Anstalten künftig interkantonal in grösseren Räumen denken und planen.

Sollten die Kantone gemeinsam Gefängnisse betreiben?

Man müsste überregional planen, damit man grössere Anstalten bauen und betreiben kann. Für die erste Phase der Inhaftierung braucht es immer noch in der Nähe Anstalten. Die heutigen, älteren Gefängnisse könnte man weiterhin für diese erste Inhaftierungszeit brauchen, vielleicht bis zu drei Monate lang. Würde aber die Untersuchungshaft länger dauern, würden die Untersuchungshäftlinge in regionale Zentren kommen.

Wir müssen weiterdenken als bis zu den Kantonsgrenzen.

Der Justizvollzug ist kantonal, und es ist richtig, dass man mit der Justiz nahe bei den Bürgern ist. Sollte dies erhalten werden, müssen wir weiterdenken als bis zu den Kantonsgrenzen – und zusammen Anstalten betreiben, damit wir die heutigen Anforderungen erfüllen können.

Welche Rolle soll der Bund bei dieser Lösung spielen?

Der Bund sollte sich mit Subventionen an den Bau- und Renovationskosten beteiligen. Das würde auch dazu führen, dass die heute teilweise veraltete Infrastruktur viel schneller saniert oder neu gebaut werden könnte. Damit könnten wir die Standards, die national und international gefordert sind, besser einhalten.

Wollen die Kantone hier den Fünfer und das Weggli – sie hätten weiterhin das Sagen, aber bezahlen würde der Bund?

Seit 2011 ist die Untersuchungs- und Sicherheitshaft, also die strafprozessuale Haft, eidgenössisch in der Strafprozessordnung geregelt. Deshalb ist es aus Sicht der Kantone gerechtfertigt, dass sich der Bund nun auch bei den kantonalen Haftanstalten mit Subventionen beteiligen würde.

Wie steht die Politik zu Ihren Forderungen?

Die Regierungsräte des Ostschweizer Strafvollzugskonkordats befassen sich intensiv mit der Frage, ob zukünftig auch die Untersuchungs- und Sicherheitshaft in das Aufgabengebiet der Konkordate integriert werden soll. Es entwickelt sich langsam ein Verständnis, dass sich die Zeit verändert hat und dass man die Aufgaben der neuen Zeit besser im Verbund lösen kann. Es sind hoffnungsvolle Signale auf politischer Ebene vorhanden.

Gibt es auch Kritik?

Selbstverständlich. Veränderungen sind immer schwierig im föderalistischen System der Schweiz. Sie sind auch nicht immer gewünscht. Man müsste kantonale Eigenheiten aufgeben. Es gibt Kantone, die sich sagen, dass sie mit ihrem bestehenden System gut fahren und zurzeit nichts verändern wollen. Persönlich glaube ich aber, dass sich mittelfristig auch im Bereich der Untersuchungshaft das Modell der interkantonalen Zusammenarbeit entwickeln wird.

Das Gespräch führte Christoph Kellenberger.

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