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Viele Worte, wenig Taten Faire Löhne? Kritik an Nachhaltigkeitsversprechen von Zara

Faire Löhne, akzeptable Arbeitsbedingungen und nachhaltige Produktion – die Nachhaltigkeitslabels grosser Modemarken versprechen Konsum ohne schlechtes Gewissen. Doch wer genauer wissen will, was die Firmen unter fair verstehen, stösst auf eine Mauer des Schweigens.

So hat es die Entwicklungs-Organisation Public Eye bei einem Kaputzenpulli der Modekette Zara erlebt – ein modisches Hoodie für 46 Franken mit der grossen Aufschrift «R.E.S.P.E.C.T» – Respekt. Das Kleidungsstück gehört zu Zaras Nachhaltigkeitslinie «Join Life». «Unsere Kleidungsstücke erfüllen die höchsten Standards in Bezug auf Gesundheit, Sicherheit und Umweltverträglichkeit» schreibt Zara auf der Webseite. «Unsere Lieferkette respektiert Arbeitnehmer und Umwelt.»

Selbst in der nachhaltigsten Kollektion finden wir Arbeitsbedingungen, die nichts mit Respekt zu tun haben.
Autor: David Hachfeld Public Eye

«Es sind Armutslöhne»

Stimmen die Versprechen von Zara wirklich? Public Eye kommt nach monatelanger Recherche unter anderem in den türkischen Fabriken zu einem anderen Schluss. David Hachfeld, Textilexperte von Public Eye, sagt, von den bezahlten Löhnen könnten Arbeiterinnen und Arbeiter nicht leben. «Das ist schockierend für ein Unternehmen, das von sich sagt, es stelle Arbeiterinnen und Arbeiter ins Zentrum und achte ihre Rechte. Selbst in der nachhaltigsten Kollektion finden wir Arbeitsbedingungen, die nichts mit Respekt zu tun haben. Es sind Armutslöhne.»

Berechnung von Public Eye
Legende: Wie entsteht der Preis eines Kleidungsstückes? Public Eye hat eine detaillierte Schätzung vorgenommen. (Siehe auch Link) zvg/publiceye

Von den 46 Franken des «R.E.S.P.E.C.T.»-Pullis gehen gemäss Schätzung von Public Eye nur 1.80 an jene Fabrik, die den Pullover näht. Eine Schätzung deshalb, weil Zara bei diesen Zahlen mauert. Heisst also: Sehr tiefe Löhne und sehr lange Arbeitszeiten. Zara selbst verdient gemäss Schätzung von Public Eye fast fünf Franken am angeblich respektvollen Pullover.

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Zara weist «Anschuldigungen entschieden zurück»

Zara ist eines der grössten und profitabelsten Modeunternehmen weltweit, mit mehr als 2000 Filialen und mehreren Milliarden Umsatz. Der Mutterkonzern Inditex schreibt dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso»: «Die Berechnungen von Public Eye entbehren jeder Grundlage. Die Schlussfolgerungen sind komplett falsch und irreführend. Wir weisen alle Anschuldigungen entschieden zurück.»

Und weiter: «Der Report von Public Eye zeigt, dass wir mehr als die gesetzlichen Mindestlöhne bezahlen.» Wie viel sie tatsächlich bezahlen, legen die Verantwortlichen nicht offen.

Türkische Fabrik
Legende: Laut Public Eye zahlt Zara in den türkischen Fabriken keine Löhne, die zum Leben reichen. zvg/public Eye

«Es bräuchte nur 4 Franken 20 mehr»

Auch Inditex ist sich bewusst, dass gesetzlicher Mindestlohn nicht heisst, dass die Leute davon leben können. Der Konzern schreibt aber: «In einer industrieweiten Initiative ermutigen wir aktiv, dass sich die Arbeitgeber, die Arbeiter und ihre Gewerkschaftsvertreter auf einen Existenzlohn einigen.»

David Hachfeld von Public Eye kennt die Argumente. Er sagt dazu lediglich: Es wäre für das milliardenschwere Unternehmen nicht so schwer, etwas zu verändern. In Indien müssten sich die Löhne der Bauern verdoppeln und in der Türkei verdreifachen, damit diese Leute davon leben könnten. Das klinge nach viel, doch Public Eye hat im Fall des Zara-Kaputzenpullis berechnet: «Es bräuchte gerade mal 4 Franken 20 mehr pro Pullover, um Existenzlöhne zu erreichen.»

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