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Von Felssturz bedroht Bangen in Brienz: So soll das Dorf evakuiert werden

  • Die Einwohnerinnen und Einwohner von Brienz im Kanton Graubünden müssen bis Freitagabend wegen eines drohenden Felssturzes ihr Dorf verlassen.
  • Der Gemeindeführungsstab hat die Brienzer Bevölkerung am Abend über die Evakuierung informiert.
  • Auch eine Sofort-Evakuierung vor Freitag könne nicht ausgeschlossen werden.

Ein Felsvolumen von zwei Millionen Kubikmetern bewege sich so stark, dass in den kommenden ein bis drei Wochen damit zu rechnen sei, dass es abbricht, teilte die Behörde mit. Der Führungsstab hat deshalb die Phase Orange und damit die Evakuierung von Brienz verfügt.

Ein Mann hält sich die Hand vor die Augen.
Legende: An der Informationsveranstaltung kamen die Emotionen hoch. Die Brienzer Bevölkerung muss ihr Zuhause bis Freitagabend wegen eines drohenden Bergsturzes räumen. KEYSTONE/Gian Ehrenzeller

Ab Freitagabend darf bis auf Weiteres niemand mehr im Dorf übernachten. Ab Samstag kann die Bevölkerung tagsüber ins Dorf, sofern die Gefährdung es zulässt. Die Evakuierung des Grossviehs werde von der Gemeinde organisiert, wie Pascal Porchet vom Amt für Militär und Zivilschutz Graubünden an der Informationsveranstaltung bekannt gab.

Bergrutsch beschleunigt sich

Der Entscheid sei aufgrund der Datenlage rasch und einstimmig gefällt worden, sagte Stefan Schneider, Leiter des Frühwarndienstes. Die aktuellen Messungen zeigten eine starke Beschleunigung auf einer grossen Fläche. Bis zu zwei Millionen Kubikmeter Felsmaterial dürften in 7 bis 24 Tagen abstürzen oder abrutschen. Die Art und Weise, wie die «Insel» abbrechen werde, könne nicht exakt vorhergesagt werden, sagte Schneider.

Übersicht über verschiedene Bereiche im Brienzer Rutsch
Legende: Der violett markierte Bereich «Insel» bewegt sich immer schneller und bedroht das Dorf Brienz. ZVG/Gemeinde Albula/Alvra

Am wahrscheinlichsten sind zahlreiche Felsstürze von einigen Tausend bis mehreren Hunderttausend Kubikmetern. Weniger wahrscheinlich ist ein Abrutschen durch einen länger dauernden Schuttstrom. Ebenfalls nicht ganz auszuschliessen ist ein grosser, schneller Bergsturz mit mehr als 500'000 Kubikmetern.

Die fünf Phasen

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  • Grün: Es besteht keine unmittelbare Gefahr für das Dorf Brienz.
  • Gelb: Innerhalb von zwei bis sechs Wochen droht ein Ereignis, welches das Dorf gefährdet. Die Bewohnerinnen und Bewohner müssen für eine Evakuierung bereit sein.
  • Orange: Innerhalb von ein bis drei Wochen droht ein Ereignis, welches das Dorf gefährdet. Die Gemeinde beschliesst die Evakuierung. Die Bewohnerinnen und Bewohner müssen ihre Häuser innerhalb von drei Tagen verlassen.
  • Rot: Ein Ereignis, welches das Dorf gefährdet, steht unmittelbar bevor. Es gilt ein Betretungsverbot für das evakuierte Gebiet.
  • Blau: Ein Ereignis, welches das Dorf gefährden kann, steht unmittelbar bevor. Es gilt ein totales Betretungsverbot für das evakuierte Gebiet. Zudem werden Häuser in Surava evakuiert, die Landwasserstrasse und die Albulalinie der RhB, sowie ein Teil der Kantonsstrasse Tiefencastel-Lenzerheide gesperrt.

Sobald ein Abbrechen der Felsmassen noch drei bis zehn Tage bevorsteht, wird der Gemeindeführungsstab die Phase Rot verfügen. Das Betreten von Brienz ist dann auch tagsüber nicht mehr möglich und das Grossvieh wird weggebracht. Die Kantonsstrasse Tiefencastel-Filisur, die Albulalinie der Rhätischen Bahn und die Passstrasse Tiefencastel-Lenzerheide bleiben vorerst geöffnet.

Sofort-Evakuierung nicht ausgeschlossen

Auch eine Sofort-Evakuierung sei denkbar, so Schneider. «Sollte sich die Lage vor Freitagabend unerwartet schneller verschlechtern als erwartet, muss der Notnagel ‹Evakuation akut› ausgelöst werden.»

Im Falle einer Sofort-Evakuierung werde die Brienzer Bevölkerung mittels Alarmsirenen informiert, sagte Pascal Porchet. Daraufhin müsste das Dorf ohne Verzögerung sofort verlassen werden. Weiter informierte Porchet, dass das Dorf nach der Evakuierung videoüberwacht werden, um es vor Plünderungen und anderen Sachbeschädigungen zu schützen. Aus taktischen Gründen könne die Art der Überwachung nicht genauer bekannt gegeben werden.

Unterstützung bei Wohnungssuche

«Es ist klar, es ist eine schwierige Situation», sagte der Bündner Regierungspräsident Peter Peyer. Die Brienzer Bevölkerung sei sich Krisenbewältigung leider seit den letzten drei Jahren gewohnt. «Wir sind geübt darin und wissen, wie es geht», so Peyer. Wichtig sei, dass alle Bewohner das Dorf innert nützlicher Frist unbeschadet verlassen könnten.

Halbe Million für Soforthilfe

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Bei der kurzfristigen Unterstützung der Bevölkerung soll es nicht an Geld mangeln. Die Kantonsregierung gab am Dienstag 500'000 Franken für Soforthilfe frei, wie Regierungsrat Martin Bühler bekannt gab. Zuvor hatte bereits die Gemeinde 200'000 Franken für Überbrückungslösungen gesprochen. Es gehe darum, unkomplizierte Lösungen zu finden, so Bühler.

In Brienz sind laut Christian Gartmann, Mediensprecher der Gemeinde, rund 85 Personen gemeldet. 50 bis 60 Bewohnerinnen und Bewohner bräuchten provisorisch eine zweite Wohnung. Zur Unterstützung stellt die Gemeinde ein Möbellager zur Verfügung und hilft bei der Wohnungssuche.

Tagesschau, 09.05.2023, 19:30 Uhr ; 

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