Zum Inhalt springen

Wahlchancen als Bundesrätin «Regula Rytz wirkte im Parlament weniger integrierend»

Die GLP lädt Regula Rytz vor den Bundesratswahlen zu einem Hearing ein, das bestätigte Fraktionspräsident Jürg Grossen heute gegenüber SRF . Was bedeutet das für ihre Wahlchancen? Nicht viel, meint Politologe Michael Hermann. Im Interview erklärt er wieso.

Michael Hermann

Politologe, Forschungsinstitut Sotomo

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Michael Hermann ist Geograf und Politikwissenschaftler. Er ist Leiter des Forschungsinstituts Sotomo, das die Umfrage zum SRF-Wahlbarometer durchgeführt hat.

SRF News: Michael Hermann, die GLP lädt Regula Rytz zu einem Hearing ein. Was ändert das an ihren Chancen, als Bundesrätin gewählt zu werden?

Michael Hermann: Dass die GLP Regula Rytz zu einem Hearing einlädt, ist nur logisch. Alles andere wäre nicht verständlich gewesen. Die Partei hat ein Interesse daran, dass sich etwas bewegt, da sie kein Teil des aktuellen Machtkartells im Bundesrat ist, das Sitze zu verteidigen hat.

Die Dynamik am Wahltag kann eine andere sein.

Doch grundsätzlich sehe ich nach wie vor keinen klaren Weg, wie Rytz zu einer Mehrheit kommen könnte. Auch wenn sie alle linken Stimmen und jene der GLP-Fraktion erhält, müsste nach wie vor ein grosser Teil der CVP-Fraktion für sie stimmen. Das zeichnet sich aktuell einfach nicht ab.

Die CVP bleibt also Königsmacherin. Präsident Gerhard Pfister hat letztes Wochenende ja auch gesagt, dass eine Mehrheit seiner Partei nicht für Rytz stimmen wird. Kann sich das noch ändern?

Die Dynamik am Wahltag kann tatsächlich eine andere sein. Schlussendlich ist es auch eine geheime Wahl. Man weiss nicht, wer wie stimmt. Es kann sich also immer etwas ändern. Nach den Parlamentswahlen ist der Anspruch der Grünen auf einen Bundesratssitz ja auch legitim. Die zweiten Ständerats-Wahlgänge haben ihn noch zementiert.

Thomas Ammann und Regula Rytz
Legende: Bei einer Strick-Aktion anlässlich des internationalen Frauentags im März 2017 erklärt Regula Rytz dem CVP-Politiker Thomas Ammann das «Lismen». SRF

Trotzdem geben sich die Parteien sehr zurückhaltend. Irgendwie spüre ich dieses Mal kein Bedürfnis für Veränderung. Die politischen Spannungen sind nicht gleich gross wie beispielsweise bei der Wahl und Abwahl von Christoph Blocher. Die SVP wurde damals als starke Bedrohung angesehen, das ist bei den Grünen anders. Der Handlungsdruck ist kleiner.

Königsmacherin CVP würde ja auch selber von einer grünen Bundesrätin profitieren. Sie wäre auch im Bundesrat wieder das Zünglein an der Waage. Sie könnte mal mit einer Seite und mal mit der anderen Mehrheiten bilden. Weshalb gibt sie sich trotzdem so zögerlich?

Es wäre ja auch die Rückkehr zur Normalität. Die aktuelle Situation ist eine absolute Ausnahmesituation, davor war die CVP seit den 1950er-Jahren fast immer Mehrheitsmacherin im Bundesrat. Ich sehe drei Gründe, weshalb sich die CVP so zurückhaltend zeigt.

Rytz positionierte sich klar als Oppositions-Politikerin, was aus Sicht vieler Ratsmitglieder keine Bundesratsqualität ist.

Erstens sind da die Hemmungen, einen amtierenden Bundesrat abzuwählen. Das würde politischen Spielchen Tür und Tor öffnen, was früher oder später auch den Regierungssitz der CVP gefährden könnte.

Zweitens politisiert Ignazio Cassis näher bei der CVP als Regula Rytz. Die Mitte-Partei würde zwar mehr Macht bekommen, doch sie müsste dafür jemanden wählen, der politisch weit entfernt ist von ihr.

Drittens könnte es auch an der Person von Regula Rytz liegen. In der Öffentlichkeit hat sie eine gute Präsenz und Breitenwirkung, doch im Parlament wirkte sie weniger integrierend. Rytz positionierte sich klar als Oppositions-Politikerin, was aus Sicht vieler Ratsmitglieder keine Bundesratsqualität ist.

Das Gespräch führte Lars Gotsch.

Meistgelesene Artikel