Nach jahrelangen Diskussionen hat der Kanton Graubünden sein Wahlsystem umgestellt. Am Sonntag hat der Kanton zum ersten Mal nach dem Proporz- und nicht mehr nach dem Majorzsystem gewählt. Der Politologe Clau Dermont zu den Auswirkungen.
SRF: Einen Tag nach den Wahlen in Graubünden, was ist für Sie das Bemerkenswerteste an dieser Wahl?
Clau Dermont: Wie gut es funktioniert hat. Es war für die Parteien eine Herausforderung, so schnell so viele Kandidierende aufzustellen. Und dann auch für die Bevölkerung, um sich zurechtzufinden in diesem Dschungel aus Wahlplakaten, die überall hingen. Und anscheinend hat das funktioniert. Wir haben jetzt einen neuen Grossen Rat, der die Diversität des Kantons besser repräsentieren wird, als wir es vorher durch das Majorzsystem hatten.
Eine erstarkte SVP, die aber nicht in die Regierung eingebunden ist, eine erstarkte Linke: Wird es mit den stärkeren Pol-Parteien kontroverser im Grossen Rat?
Es ist für die SP, für die Grünen und auch für die SVP einfacher, ihre Themen einzubringen. Die Mitte und die FDP haben nicht mehr eine Mehrheit auf sicher. Sie müssen sich stärker damit auseinandersetzen, was von den politischen Polen kommt.
Die regionalen Interessen werden stärker berücksichtigt.
Es wird ihnen wahrscheinlich auch guttun, wenn sie etwas mehr darauf hören, was aus diesen Richtungen kommt, denn diese Pole sind ein wichtiger Teil des Kantons Graubünden, wie wir es nun sehen in der neuen Zusammenstellung des Parlaments.
Beim Blick in die Regionen fällt auf, dass die Parteien auch dort Sitze holen konnten, wo sie früher nicht präsent waren. Was bedeutet das?
Die Fraktionen sind nun viel diverser. Das macht, dass die Arbeit in den Fraktionen die regionalen Interessen schon viel stärker berücksichtigt, wenn sie die Geschäfte vorberaten. Der Kanton ist in jeder Partei besser repräsentiert als vorher.
Das Gespräch führte Silvio Liechti.