Der Wochenmarkt in der Altstadt von Lausanne ist vor Wahlen oft ein typischer Tummelplatz für Politiker auf Stimmenfang. Man kommt normalerweise kaum einen Meter weit, ohne dass einem ein Flyer in die Hand gedrückt wird.
Nicht so dieser Tage in Lausanne. Parteistände muss man suchen. Die Marktbesucher scheinen sich kaum für die Wahlen zu interessieren. Es laufe ja alles rund, sagt ein Gemüsehändler: In der Regierung habe zwar jeder seine Einstellung. Aber egal ob links oder rechts, alle würden zum Wohl des Kantons beitragen.
Darum geht es
- Im Kanton Waadt wählt das Stimmvolk am 30. April eine neue Regierung.
- Der Wahlkampf verläuft äusserst ruhig; es gibt kaum Gründe zur Aufregung.
- Die Wirtschaft boomt, die Arbeitslosigkeit ist tief und die Finanzen sind im Lot.
Das starke Duo in der Waadtländer Regierung bilden FDP-Finanzminister Pascal Broulis und SP-Gesundheits- und Sozialminister Pierre-Yves Maillard. Die zwei sind jeweils bereits seit über einem Jahrzehnt im Staatsrat und niemand zweifelt an ihrer Wiederwahl. Sie verkörpern das Konzept des Konsens' in der Waadt.
Und sie sorgten für eine perfekte Ausgewogenheit, meint ein jüngerer Marktbesucher beim Apéro: «Das Gleichgewicht zwischen Broulis und Maillard ist perfekt!» Die beiden schaffen es immer wieder, Gesamtpakete zu schnüren, bei denen zwar beide Kompromisse eingehen, aber auch beide etwas davon haben.
Paradebeispiel Unternehmenssteuerreform
Jüngstes Beispiel ist die kantonale Unternehmenssteuerreform , die letztes Jahr vom Volk mit 87 Prozent äusserst deutlich angenommen wurde. Die Bürgerlichen waren zufrieden mit den Steuererleichterungen für Unternehmen, die Linken befürworteten die Reform, weil gleichzeitig die Sozialleistungen ausgebaut wurden.
Ein solches Miteinander brauche es, sagt ein älterer Marktbesucher. Wieso auch sollten die Linken gute Projekte der Rechten bekämpfen oder umgekehrt? «Man muss vorwärtskommen, voilà.» Die parteiübergreifende, lösungsorientierte Zusammenarbeit trägt zum Erfolg des Kantons bei. Dazu kommt die gute Wirtschaftslage. Die Staatsschulden konnten innerhalb von zehn Jahren von neun Milliarden auf weniger als eine Milliarde Franken verringert werden. Die Zufriedenheit ist gross. Die Folge: ein ruhiger, ja fast schon langweiliger Wahlkampf.