Einsprachen von Nachbarn oder Beschwerden von Umweltverbänden sind ein Bremsklotz für den Bau von Wohnungen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie im Auftrag der Bundesämter für Raumentwicklung ARE und Wohnungswesen BWO.
Wenn in der Schweiz neue Wohnungen nicht oder verzögert gebaut würden, seien dafür in erster Linie Einsprachen und Rekurse gegen die Projekte verantwortlich, schreiben die Bundesämter in einer gemeinsamen Medienmitteilung.
Mehrheit der Rekurse wird abgewiesen
So sagten etwa 63 Prozent der befragten Wohnungsproduzenten, sie seien in den letzten Jahren beim Bau von Wohnungen fast immer mit Einsprachen konfrontiert. Aber auch Behörden mit überfrachteten Planungsprozessen tragen zur Misere bei, wie der Studie zu entnehmen ist.
Die Folgen: Die Wohnungen kommen später auf den Markt. Laut der Studie tragen Einsprachen und Rekurse auch zu einer Verknappung des Wohnungsangebots bei und führen zu höheren Miet- und Kaufpreisen.
Vor Gericht zeigt sich dann: Bei den oberen kantonalen Instanzen wird eine deutliche Mehrheit der Einsprachen abgewiesen.
Querulatorische Einsprachen
Ein Hauseigentümer kann sich ohne finanzielles Risiko gegen ein Bauprojekt in seiner Nachbarschaft wehren. Laut Bundesgericht dürfen nämlich Einsprechern gegen Bauprojekte keine Kosten auferlegt werden. Da ist die Versuchung gross, es einfach mal zu probieren – schon nur, um noch ein paar Monate oder Jahre länger Ruhe vor der Baustelle zu haben.
Manche gehen sogar so weit, Profit aus der Sache zu schlagen und dem Bauherrn vorzuschlagen: Wenn du mir Geld gibst, ziehe ich die Einsprache zurück. Das ist eigentlich verboten.
Doch nun zeigt die Studie: Die gewagte Strategie geht auf. 59 Prozent der befragten Wohnungsproduzenten haben schon mal informelle Forderungen finanziell entschädigt. 23 Prozent zahlen sogar häufig oder fast immer. Und: Fast niemand klagt wegen Nötigung, weil sich damit keine Zeit gewinnen lässt und die Erfolgschancen zu klein sind.
Verfahren straffen und verteuern
Laut Studie gibt es einen breiten Konsens, dass die Risiken zu einseitig verteilt sind. Die Autorinnen und Autoren schlagen vor, dass zukünftig weniger Leute Einsprache erheben dürfen und sie dafür auch mehr Geld zahlen sollen. Damit liessen sich missbräuchliche Einsprachen reduzieren. Auch sollten die Verfahren gestrafft und beschleunigt werden.
Das sei möglich, ohne die Grundrechte der Betroffenen zu verletzen oder an Demokratie zu verlieren. Die Studienautoren kritisieren das «besonders einsprachefreundliche» Bundesgericht und fordern, dass dessen Rechtsprechung mittels Gesetzesänderungen korrigiert wird.