Eine kleine Gruppe von acht Leuten ist an einem Sonntagmorgen in der Region der Moosalp im Wallis unterwegs. Die Route führt die Gruppe mitten durch den Lebensraum des Augstbord-Rudels. Laut Wolfsmonitoring leben hier rund fünf Wölfe.
Unterwegs auf einer Wolfstour
Geleitet wird die Exkursion von Manuela Seifert, Expertin für Zoologie und Botanik. Sie zeigt auf eine Pflanze: «Das ist eine Wolfsflechte. Die ist sehr giftig und heisst so, weil man damit früher auch Wölfe getötet hat.» Die Flechte soll der Gruppe helfen, den Wolf zu finden.
Für den zweitägigen Ausflug zahlen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mehrere hundert Franken – obwohl die Chance, wirklich einen Wolf zu sehen, sehr klein ist. «Es geht um das Naturerlebnis, den ganzen Lebensraum des Wolfes zu entdecken», sagt die Exkursionsleiterin von Arcatour. Die Kulturlandschaft, die Menschen, die Schafherden: All das sei Teil des Lebensraumes des Wolfes und eben auch Teil der Expedition.
Im Schlamm sucht die Gruppe nach Wolfsabdrücken, findet aber nur jene eines Hundes: «Bei einem Wolf wären es keine Striche der Krallen wie hier, sondern nur Punkte», erklärt Seifert.
Kritik von Einheimischen
Rund 500 Meter unterhalb der Moosalp, im Bergdorf Törbel, hat man keine Freude am Wolf. Entsprechend klein ist auch die Freude an den touristischen Wolfstouren. «Als ich davon hörte, dachte ich, es sei eine absolute Provokation», sagt Gemeindepräsident Urs Juon. Mit Wolf-Safaris im Wallis kann er sich nicht anfreunden.
Der Wolf macht uns das Leben schwer.
Die Gefahr bestehe, dass sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein zu idealistisches Bild des Wolfes machen würden. Für die Bevölkerung vor Ort mit den rund tausend Schafen sei der Wolf aber nichts anderes als ein Schädling: «Er macht uns das Leben schwer», sagt Juon. Der Wolf könne für das Dorf und die Bevölkerung fatal sein, weshalb man sich dagegen wehren müsse, sagt der Gemeindepräsident.
Verständnis für Einheimische
Er habe bis zu einem gewissen Grad Verständnis für die Einheimischen, die den Wolf nicht mögen, sagt einer der Teilnehmenden: «Aber ich habe mich jetzt auch informiert und viele Erfahrungen sammeln können», so Cladio Lotti, Privatbankier aus Zürich. Er habe versucht, neutral zu sein. Was aber nicht einfach sei, sagt eine weitere Teilnehmerin, Eliana Ettlin, Ärztin aus Basel: «Ich habe erfahren, dass das Thema sehr komplex ist, besonders für uns. Wir wohnen in der Stadt, da ist es nicht einfach.»
Die Chance, einen Wolf zu sehen, ist klein
Wolf nur auf dem Bildschirm
Einen Wolf haben die Teilnehmenden während der Expedition am Sonntag gesehen, aber nicht in Echt, sondern auf Video: Manuela Seifert zeigt einen spanischen Wolf, denn sie führt seit Jahren auch Exkursionen in Nordspanien durch. Im Gegensatz zu Spanien sind die Wolf-Safaris im Wallis noch nicht etabliert. Da gibt es noch viele Gräben zu überwinden zwischen jenen, die zahlen, um den Wolf zu sehen und jenen, die viel dafür geben würden, damit der Wolf verschwindet.