- Vorwärts schauen, lautete die Devise bei der Delegiertenversammlung der SP nach den Verlusten bei den Wahlen.
- Partei-Chef Christian Levrat wollte die Gunst der Stunde nutzen und linke Anliegen in der nächsten Legislatur vorantreiben.
- Bundesrätin Simonetta Sommaruga ermunterte die Parteimitglieder eiter zu internen Debatten.
Die SP habe bei den Wahlen ihr Hauptziel erreicht – den Bruch der rechten Mehrheit, sagte der scheidende SP-Präsident vor den Delegierten in Bern. Die Linke sei insgesamt gestärkt worden, das mache Mut für die kommende Legislatur.
«Erhebliche Fortschritte» seien bis 2023 möglich in den Bereichen Klimapolitik, Renten, Krankenkassenprämien und Europa. Schliesslich habe das Land nun «das progressivste Parlament seit Jahrzehnten», bemerkte Levrat weiter.
Klar sei, dass die Wahlergebnisse aufgearbeitet werden müssten. Doch «die Männer und Frauen, die uns gewählt haben, haben dies nicht getan, damit wir in einem halbdepressiven Zustand über die Positionierung der Partei brüten.» Vielmehr erwartete man von der SP eine Politik für eine ökologische, soziale und solidarische Schweiz.
Auch zur Bundesratskandidatur der grünen Parteipräsidentin Regula Rytz äusserte sich Levrat. Für ihn ist klar: Rytz soll auf Kosten eines FDP-Sitzes in den Bundesrat gewählt werden. Eine rechte Mehrheit von SVP und FDP im Bundesrat sei nach diesen Wahlen nicht mehr gerechtfertigt.
Die SP verlor bei den Wahlen vom Herbst vier Sitze im Nationalrat und drei im Ständerat. Der Wähleranteil ging spürbar zurück. Trotzdem hielt sich die Kritik an der Parteiführung in Grenzen. Die Verluste in beiden Kammern seien schmerzhaft, doch sei das linke Lager insgesamt gestärkt worden. Der Parteikurs stimme, er müsse den Wählern bloss besser vermittelt werden, hiess es verschiedentlich. Zudem habe es in mehreren Kantonen ermunternde Erfolge gegeben.
Es gab aber auch Delegierte, die davor warnten, die Verluste schönzureden. «Es bringt uns nichts zu sagen, wir seien die besseren Grünen», sagte etwa die Juso-Chefin Ronja Jansen. Die SP müsse sich zurückzubesinnen auf ihre Grundwerte und den Kampf für soziale Gerechtigkeit entschlossen führen.
Manche Delegierte monierten zudem, die Partei habe sich zu sehr von der Arbeiterschaft entfernt. Einer von ihnen ist der Seeländer Jungpolitiker und Elektroinstallateur Martin Schwab, der aus diesem Grund nächstes Jahr fürs SP-Präsidium kandidieren will. Christian Levrat tritt im April bekanntlich als Parteichef zurück.
Dass sich die SP nicht mehr um die Arbeiter kümmere, sei ein Ammenmärchen, entgegnete eine andere Delegierte und bezog sich dabei auf eine Wähleranalyse der Geschäftsleitung. Die SP sei in ihrem klassischen Wählersegment nach wie vor stark verankert, heisst es in dem internen Papier. «Wir müssen uns jedoch Gedanken machen, wie wir die gut ausgebildeten Mittelschichten wieder stärker für die SP gewinnen können.»
SP soll Mehrheiten finden
Bundesrätin Simonetta Sommaruga ermunterte die Genossinnen und Genossen, die internen Debatten fortzuführen. Seit sie in der SP sei, führe die Partei lebhafte Diskussionen über Strategie und Inhalte.
«Das bringt uns weiter, wenn wir unsere Aufgabe gut machen wollen», sagte Sommaruga. Und die Aufgabe der SP sei es, Mehrheiten zu finden für Lösungen, die das ganze Land vorwärtsbringen.
Einig waren sich Parteiführung und Delegierte darin, dass schon die nächsten Monate grosse Herausforderungen mit sich bringen. Levrat und auch Fraktionschef Roger Nordmann verwiesen insbesondere auf die Abstimmung über die SVP-Kündigungsinitiative im kommenden Mai. Beide warnten vor dem «Schweizer Brexit», der hier drohe.