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25 Jahre WTO Im Jubiläumsjahr vor dem Abgrund

Weltweit ist die liberale Wirtschaftsordnung unter Druck – ein Problem für die WTO. Ein Rück- und Ausblick.

Protektionismus statt freiem Handel, Strafzölle statt Abbau von Handelsschranken: Die Welthandelsorganisation WTO steckt in einer existentiellen Krise.

Optimistischer Start

Vor 25 Jahren wurde sie nach jahrelangen Verhandlungen – der sogenannten Uruguay-Runde – in Marrakesch ins Leben gerufen. Ihre Aufgaben waren von Anfang an klar definiert: den Welthandel weiter liberalisieren und Handelskonflikte zwischen Nationen institutionell über ein Streitbeilegungsverfahren lösen. Anfang 1995 nahm die WTO schliesslich ihre Arbeit am Hauptsitz in Genf auf. Damals schien alles noch im Lot.

Ernüchternde Ergebnisse

Das Abkommen von Marrakesch bleibt jedoch die letzte erfolgreiche globale Liberalisierungsrunde. Stattdessen zog die WTO in den vergangenen 25 Jahren Kritik auf sich. Um die Jahrtausendwende demonstrierten Globalisierungskritiker gegen sie. Und ab 2001 versuchte man mit der sogenannten Doha-Runde, ein weltweites Freihandelsabkommen zu schmieden. Doch bis heute war das nicht erfolgreich.

Nur ein kleiner Erfolg konnte 2013 mit dem sogenannten Bali-Paket erreicht werden. Immer scheiterten die Vollverhandlungen an den Konflikten zwischen Industrie- und Schwellenländern wie China und Indien und Entwicklungsländern um die richtige Handelspolitik und um den Zugang zu Märkten. Stattdessen entstanden aus dieser grundlegenden Blockade viele regionale Freihandelsabkommen. Ihre Zahl ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen.

Würdigende Worte

Trotz dieser Kritik würdigt der Zürcher Handelsökonom und Professor für internationalen Handel Ralph Ossa die bisherige Rolle der WTO. Auf dem Feld der Handelsliberalisierung sei sie zwar nicht sonderlich erfolgreich gewesen, doch viel wichtiger – und oft vergessen – sei ihr bisheriger Beitrag zur Verhinderung von Handelskriegen: «Das hat sie bis zum letzten Jahr sehr, sehr gut gemacht.»

Doch der jüngste Handelskonflikt zwischen den USA und China stürzt die WTO in eine existentielle Krise. Ihre wichtigste Aufgabe - Handelskonflikte zu verhindern - ist in Frage gestellt. Zudem haben sich die USA offen überlegt, aus der WTO auszutreten. Das wäre eine Katastrophe für das globale Handelssystem, meint Handelsökonom Ossa.

Hoffnung aus der Geschichte

Mit der unilateralen Zollpolitik der grössten Volkswirtschaften der Welt wird am multilateralen Welthandelsgerüst geschüttelt. Manche hätten sich wohl in Marrakesch das 25. Jubiläum etwas positiver vorgestellt. Doch Ralph Ossa schöpft Hoffnung aus der Geschichte.

Das GATT (General Agreement on Tariffs and Trade), Vorläufer der WTO, sei aus dem globalen Handelskonflikt der 1930er-Jahre entstanden. Die Länder hatten damals gemerkt, dass Handelskriege keine Gewinner hätten und sich letztlich zur Handelskooperation verpflichtet. Er hoffe, «dass Staaten auch aus der jetzigen Krise lernen und sich neu zu Handelskooperation bekennen.»

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