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Allmacht der US-Techgiganten «Amazon etwa gehört quasi zur Infrastruktur»

Den grossen US-Technologie-Firmen wird vorgeworfen über zu viel Macht zu verfügen. Im Fokus stehen Amazon, Google, Facebook und Apple. Jetzt leitet der Justizausschuss des US-Repräsentantenhauses eine Untersuchung ein. SRF-Digitalredaktor Jürg Tschirren bestätigt: Die Techgiganten sind längst keine blossen Konzerne mehr.

Jürg Tschirren

Digitalredaktor

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Jürg Tschirren hat Zeitgeschichte und Journalismus studiert. Er arbeitet seit 2007 für SRF und berichtet über IT, Kommunikation, Unterhaltungselektronik, digitale Distribution, soziale Netzwerke, Datenschutz, Computersicherheit und Games.

SRF News: Sind die Vorwürfe berechtigt?

Jürg Tschirren: Die Macht der Konzerne lässt sich in Zahlen ausdrücken: Apple beherrscht fast die Hälfte des Smartphone-Marktes in den USA, Amazon fast die Hälfte des Handels über das Internet. In den USA wird über Google und Facebook gut zwei Drittel der Werbung im Internet geschaltet. Über Google alleine werden fast zwei Drittel der Suchmaschinen-Anfragen getätigt. Das alles sind marktbeherrschende Anteile, die entsprechende Macht mit sich bringen.

Genannt werden Punkte wie Handel oder Information: Wie äussert sich hier der Einfluss von Facebook, Google und Co.?

Amazon etwa verkauft nicht nur selber Waren. Es ist auch eine Verkaufsplattform für Dritte. Amazon erledigt die Logistik und ist auch der grösste Anbieter von Cloud-Computing in der Welt. Es ist eigentlich gar keine einzelne Firma mehr: Amazon gehört quasi zur Infrastruktur. Was der Konzern macht, hat einen grossen Einfluss – auch auf andere Firmen, die im Internethandel tätig sind.

Google wurde etwa schon unter der Obama-Administration wegen marktbeherrschender Stellung untersucht – mit wenig Folgen.

Beim Thema Information kann man die Facebook-Gruppe herausnehmen. Dazu gehören Facebook, Instragram und Whatsapp, drei der wichtigsten Social-Media-Kanäle. Wer viele Leute über soziale Medien erreichen will, kommt nicht um diese Kanäle herum. Facebook hat damit grossen Einfluss auf die Meinungsbildung.

Wie die Giganten ihre Macht ausspielen

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Das US-Wirtschaftsrecht kennt seit den 1970er-Jahren eine Besonderheit. Die Doktrin lautet: Die Behörden sollen nur einschreiten, wenn Monopolanbieter wie nun die US-Techgiganten unmittelbare Preiserhöhungen für Konsumenten vorantreiben. Bei anders gearteten Einflüssen von Monopolisten sollen die Behörden aber nicht eingreifen.

Das bedeutet gleichzeitig, dass indirekte Einflüsse, die solche Konzerne haben können, nicht berücksichtigt werden. Etwa kann eine marktmächtige Firma die Konkurrenz ausschalten, indem sie kleinere Firmen einfach aufkauft. Apple, Google und Co. machen das regelmässig. Grössere Firmen können auch leichter Steuern vermeiden oder Preise für den Einkauf von Waren diktieren.

Die Preise bleiben bei derartigem Ausspielen der Marktmacht zwar tief und der Staat ist damit nicht zum Eingreifen aufgefordert. Indirekt ist der Einfluss auf Konsumenten aber spürbar. Etwa indem weniger Jobs zur Verfügung stehen, wenn grosse Firmen kleinere aufkaufen und Stellen streichen. Oder die Steuerlast für die Allgemeinheit wird grösser, weil Monopolisten Steuern vermeiden. (tscj)

Die US-Behörden untersuchen nun, ob es eine unfaire Verteilung von Macht gibt. Die Schwierigkeit: Es geht dabei nicht um handfeste Ware, sondern um Bereiche wie Kommunikation oder Information. Wie lässt sich das überhaupt untersuchen?

Das ist sehr schwierig. Solche Vorstösse werden auch nicht zum ersten Mal unternommen. Google wurde etwa schon unter der Obama-Administration wegen marktbeherrschender Stellung untersucht – mit wenig Folgen. Der Konzern ist immer noch sehr dominant. Es bleibt abzuwarten, ob das nun anders sein wird. Ich zweifle daran. Fest steht, dass es mit bestehendem US-Recht sehr schwer wird, die Firmen zu massregeln.

Was für Möglichkeiten gibt es, den Firmen Macht zu entziehen?

Die einfachste Möglichkeit wäre die Aufteilung der Firmen in Einzelteile. Das wird von einigen demokratischen Bewerberinnen und Bewerbern für das Präsidentschaftsamt gefordert. Apple etwa müsste seinen App-Store aufgeben, der im eigenen Betriebssystem integriert ist. Apple könnte dann zwar noch Smartphones mit dem entsprechenden Betriebssystem verkaufen, aber keine Apps mehr.

Man könnte Instagram und Whatsapp aus Facebook herauslösen und damit sicherstellen, dass die Konkurrenz wieder spielt.

Google wiederum könnte derart aufgeteilt werden, dass es seine Suchmaschine betreibt, aber nicht mehr selber auch noch Werbung oder andere Dienste anbietet, die dann von dieser Suchmachine bevorzugt werden. Was Google immer wieder vorgeworfen wird. Oder man könnte Instagram und Whatsapp aus Facebook herauslösen und damit sicherstellen, dass die Konkurrenz wieder spielt.

Das Gespräch führte Susanne Stöckl.

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