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Bundesrat im Interview Wie geht es der Schweizer Wirtschaft, Herr Parmelin?

Wirtschaftsminister Guy Parmelin über die aktuelle Frankenstärke, Löhne und das Freihandelsabkommen mit China.

Geopolitische Spannungen, starker Franken, Wirtschaftsschwäche in Europa: Der Schweizer Wirtschaft bläst zu Beginn des Jahres 2024 ein kalter Wind entgegen. Wirtschaftsminister Guy Parmelin sagt im Eco Talk, was ihn trotzdem optimistisch stimmt.

Guy Parmelin

Bundesrat

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Guy Parmelin ist seit 2016 Bundesrat. Der SVP-Politiker wurde 2015 als Nachfolger der zurückgetretenen Eveline Widmer-Schlumpf (BDP) in die Regierung gewählt. Seit 2019 ist Parmelin Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung. Er ist 1959 geboren und war bis zu seiner Wahl in den Bundesrat als Meisterlandwirt und -weinbauer tätig. 2003 wurde er für den Kanton Waadt in den Nationalrat gewählt.

Man hört jetzt wieder die Klagen: Der Schweizer Franken hat sich aufgewertet im letzten Jahr. Wird das Jahr 2024 für die Exportwirtschaft extrem hart?

Das wird wahrscheinlich nicht einfach. Aber man darf nicht vergessen: In anderen Ländern haben sie eine höhere Inflation. Man muss alle Parameter und Rahmenbedingungen sehen. Allgemein ist die wirtschaftliche Lage in der Welt schwierig. Wir sind ein Exportland, und das bringt Herausforderungen mit sich.

Man sieht jetzt schon, dass erste Industriefirmen wieder Kurzarbeit einführen. Muss man damit rechnen, dass die Kurzarbeit in diesem Jahr stark ansteigt?

Bis jetzt haben alle Prognosen gezeigt, dass die Resilienz unserer Wirtschaft sehr hoch ist. Ich will vorsichtig bleiben, aber mit ein bisschen Optimismus. Aber natürlich ist die internationale Situation für die Schweiz eine riesige Herausforderung.     

Thema Löhne und Inflation. Wir hatten drei Jahre, in denen die Löhne weniger stark gestiegen sind als die Inflation, also einen Reallohnverlust. Dieses Jahr 2024 steigen die Löhne etwa so viel wie die Inflation. Haben wir in der Schweiz ein Kaufkraftproblem?

Als die Inflation negativ war, sind die Löhne real auch gestiegen. Nun haben die Sozialpartner Lohnverhandlungen durchgeführt. Ich habe gehört, dass die Gewerkschaften dieses Jahr in gewissen Bereichen zufrieden sind. Sie sagen, sie haben ihre Ziele erreicht. Das ist eine gute Sache.

Bis jetzt haben alle Prognosen gezeigt, dass die Resilienz unserer Wirtschaft sehr hoch ist.

Doch natürlich gibt es ein Problem. Aber wenn wir uns international vergleichen, muss man sehen: Was in anderen Ländern passiert, ist viel schlimmer.

Jetzt haben wir aber doch eine interessante Situation: Alles stöhnt über den Fachkräftemangel. Immer mehr Babyboomer gehen in Pension, und trotzdem steigen die Löhne nicht so wahnsinnig stark. Woran liegt das?

Das Problem Fachkräftemangel allgemein besteht in ganz Europa, auch in den USA. Der Bundesrat kann versuchen, die Rahmenbedingungen zu verbessern. Aber hier ist der Lohn ein Teil der Lösung.

Wenn sich die Unternehmen attraktiv präsentieren wollen, ist es vielleicht auch Teil der Lösung zu sagen: Ja, wir haben gute Arbeitsbedingungen, und wir können ein bisschen besser bezahlen. Man darf nicht vergessen, dass wir auf internationaler Ebene im Wettbewerb mit anderen Ländern stehen.

Stichwort China. Es ist genau zehn Jahre her, da hat die Schweiz mit grossem Stolz gesagt: Wir haben jetzt mit China ein Freihandelsabkommen, im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern. Immer wieder wurde gesagt, es gibt ein Update von diesem Abkommen. Wieso gibt es das nicht?

Seit 2016 versuchen wir mit China, die Bereiche zu identifizieren, wo wir dieses Update machen müssen. Wir müssen uns natürlich einig sein. Und bis jetzt war das nicht möglich.

Jetzt am Ende dieser exploratorischen Phase stehen die Zeichen gut, auch in den Bereichen Umwelt, Nachhaltigkeit und so weiter, die sensibel sind. China scheint bereit, nach vorne zu gehen. Wenn das stimmt, können wir diese Phase bald beenden und an einem Verhandlungsmandat arbeiten.

Sie sind jetzt optimistisch, dass das kommen könnte?     

Moderat optimistisch.

Das Gespräch führte Reto Lipp.

Eco Talk, 08.01.2024, 22:25 Uhr ; 

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