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Corona-Innovationen Wie Roboter isolierten Menschen helfen

Chatten für Senioren: Eine kleine weisse Box – sie erinnert an einen Brandmelder – vollgestopft mit Hightech und Sensoren – macht es möglich. Sie soll Alexandra Starks Mutter in der Corona-Isolation helfen, die Kommunikation mit ihren Liebsten aufrechtzuerhalten.

Die 88-Jährige sieht nicht mehr gut, und telefonieren ist für sie kompliziert geworden. Sie wohnt noch im eigenen Haus. Damit sie weiterhin mit ihren Töchtern kommunizieren kann, musste eine einfache Lösung her, so Alexandra Stark: «Sonst geht’s nicht.»

Die Starks haben die Box in den vergangenen Monaten getestet.

Das Produkt des Zürcher Jungunternehmens Caru funktioniert – ähnlich wie Alexa oder Siri – über Sprachsteuerung. Caru wird durch ein Codewort aktiviert, und mehrere Angehörige und der Box-Besitzer können einander Sprachnachrichten schicken – quasi ein Familychat.

«Bei älteren Leuten war Einsamkeit und Isolation schon vor Corona ein grosses Thema», sagt Thomas Helbling. Der Elektroingenieur hat Caru vor zwei Jahren gemeinsam mit der Physikerin Susanne Dröscher gegründet.

«Caru bietet Menschen, die kein Smartphone nutzen wollen oder können, den Zugang zur digitalen Welt», sagt Susanne Dröscher.

Caru: Hightech Made in Switzerland

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Produziert wird das Gerät des Jungunternehmens Caru in der Schweiz. Schon 200 Geräte seien verkauft worden, vor allem in Zentren für begleitetes Wohnen. Dort wird Caru vor allem als Notruf eingesetzt. Nun peilt man den Markt für Private an.

250 Franken kostet Caru in der Einführungsphase, hinzu kommen monatliche Gebühren von 45 Franken: für die Telefonie, die ständige Datenverbindung, Funktionalitätsüberprüfung und regelmässige Software-Updates.

Investoren, mehrheitlich aus der Schweiz, haben das Jungunternehmen mit mehreren Millionen Franken finanziert.

Chatten ist okay, aber...

Produkte wie Caru regten Senioren zur Kommunikation an, sagt Peter Burri, Digitalexperte bei der Altersorganisation Pro Senectute.

Als weiteren Vorteil sieht er die einfache Bedienung, doch er sagt auch: «Solche Geräte nehmen das Physische weg», dabei seien die physischen sozialen Kontakte im Alter immer wichtiger, und man sollte sie aufrechterhalten.

Roboter für die Quarantäne

Auch Roboter können Menschen in der Isolation unterstützen, wie eine Demonstration bei F&P-Robotics beweisen soll. Roboter Lio fährt an ein Patientenbett, grüsst freundlich und überreicht einer Frau Wasser und Medikamente.

F&P-Miteigentümer Michael Früh sieht gerade jetzt in der Corona-Krise die Zeit für sein Unternehmen gekommen: Für Menschen, die in Quarantäne sind.

«Lio kann helfen, dass eine Fachperson und eine infizierte betreute Person nicht in Kontakt kommen. Das ist eine Stärke von Robotern», so Früh.

Man arbeite auch an einer Lösung, mit der Lio Türfallen und Lichtschalter mit UV-Licht desinfiziert. Der Roboter kostet 75'000 Franken.

F&P Robotics

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Das Unternehmen sieht sich als Schweizer Pionier in der Entwicklung von Robotern, in der Interaktion und Kollaboration mit Menschen.

F&P Robotics produziert Roboter für den Pflegebereich. Die Firma hat aber auch einen Gastronomie-Roboter im Angebot, der in Bars Getränke ausschenken könne.

Gegründet wurde das Unternehmen 2014. Heute arbeiten 50 Angestellte für F&P Robotics im Zürcherischen Glattbrugg. Der Umsatz liege im tiefen einstelligen Millionenbereich. Schwarze Zahlen werden für 2021 angestrebt.

Akzeptanz bei älteren Menschen

F&P-Roboter stehen in sechs Schweizer und Deutschen Reha-Einrichtungen und übernehmen dort vor allem Transport- und Assistenzaufgaben.

«Roboter Lio ist keine Maschine, er ist ein Charakter», sagt der Robotik-Wissenschaftler Früh. Man habe versucht, ihn so zu entwickeln und designen, dass er ein freundliches Auftreten hat. «Die Akzeptanz ist bei älteren Menschen sehr hoch», sagt Früh.

Roboter in der Pflege: Zukunftsmusik

Peter Burri von Pro Senectute ist skeptisch, ob heutige Roboter das Pflegepersonal tatsächlich entlasten:

«Wir haben bisher noch keine Roboter-Technologie gesehen, die das effektiv kann.» Es gäbe zwar spannende Pilotversuche. Doch einerseits seien die Roboter oft noch teuer, und viele Arbeiten könne der Mensch viel effizienter verrichten.

Burri sagt aber auch: «Wenn Roboter dereinst Supportfunktionen wie Putzen, also regelmässige Arbeiten, übernehmen können, wäre das durchaus eine Win-win-Situation für alle.»

ECO, 20.04.2020, 22:25 Uhr

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