Planung ist das A und O im Logistik-Geschäft. Aber die Verteilung der Covid-19-Impfungen rund um den Globus lässt sich nicht planen. Derzeit ist nicht einmal absehbar, welche Pharma-Firma wann eine Impfung auf den Markt bringt, wo die Impfungen dereinst hergestellt werden und wohin sie transportiert werden müssen.
Dennoch: Bei Kühne und Nagel laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Das Unternehmen hat bereits Verträge mit potenziellen Impfstoff-Herstellern unterzeichnet. Aber auch mit deren Lieferanten, beispielsweise Produzenten von Spritzen oder Glasviolen, in die der Impfstoff abgefüllt wird.
Die weltweite Verteilung werde dann etwas Zeit in Anspruch nehmen, sagt Kühne-und-Nagel-Konzernchef Detlef Trefzger: «Wir gehen davon aus, dass mit einem transparenten Projekt eine Verteilung innerhalb von 12 bis 18 Monaten möglich ist. Vielleicht auch teilweise gesteuert von supranationalen Organisationen.»
Fachleute rechnen damit, dass die Produktion von Covid-19-Impfungen nächstes Jahr anlaufen wird – so sie denn zugelassen werden. Und dass es 11 bis 15 Milliarden Impfdosen braucht, um rund drei Viertel der Weltbevölkerung zu impfen. Pro Person, so die Annahme, braucht es zwei Impfungen.
Logistische anspruchsvolle Aufgabe
Deren Verteilung von der Fabrik in die Arztpraxen und Apotheken ist logistisch anspruchsvoll. Besonders, weil die Impfungen bei -60 bis -80 Grad transportiert werden müssen. «Die Transporte in einer solchen Temperaturstufe sind heute schon für einzelne Produkte gang und gäbe. Mit den richtigen Behältnissen und Trockeneis lässt sich eine solche Temperatur bis zu zwei Tage halten», sagt Trefzger.
Und diese Temperatur muss auf der gesamten Transportstrecke unverändert bleiben: im Lager, im Flugzeug, bei der Feinverteilung mit dem Lastwagen. Temperaturschwankungen könnten das Produkt beeinträchtigen.
Man kann nur hoffen, dass supranationale Organisationen bei der Impfstoffverteilung Einfluss nehmen und auch die Regierungen untereinander zu Lösungen kommen
Kühne und Nagel baut dieses sensible Geschäft mit der Pharma-Industrie seit Jahren systematisch aus. Weltweit verfügt der Konzern über 230 Umschlagplätze speziell für Pharma-Produkte.
Regierungen buhlen um Impfstoffe
An Lager- und Transportkapazitäten für die Verteilung der Covid-19-Impfungen sollte es also nicht fehlen, sagt Trefzger: «Wir sprechen vielleicht von 10 bis 12 Prozent des weltweiten Pharma-Luftfrachtbedarfes, der zusätzlich benötigt wird. Wir rechnen nicht mit einem Engpass, aber es muss geplant werden.»
Welche Länder dereinst zuerst beliefert werden und welche Länder wie viele Impfdosen erhalten – darauf hat Kühne und Nagel keinen Einfluss. Regierungen buhlen bei den Pharma-Firmen derzeit um eine bevorzugte Belieferung. «Man kann nur hoffen, dass supranationale Organisationen hier Einfluss nehmen und auch die Regierungen untereinander zu Lösungen kommen», sagt Trefzger.
Dass Kühne und Nagel dank der Corona-Pandemie das grosse Geschäft mache, stellt der Konzernchef in Abrede. Sein Unternehmen ist gleichwohl ein mächtiger Player – und dank der langjährigen Erfahrung im Pharma-Geschäft gut positioniert, um auch bei der Verteilung des Covid-19-Impfstoffes eine wichtige Rolle zu spielen.