Darum geht's: Insgesamt läuft es gut für die Schweizer Reisebranche. Die Umsätze liegen aktuell rund 5 Prozent über dem Vorjahr. Eine Ausnahme sind Reisen in die USA. Da gehen die Umsätze zurück, der Schweizer Reise-Verband rechnet mit rund 10 Prozent Rückgang für dieses Jahr.
Sprachreiseanbieter spüren deutlichen Einbruch: Noch deutlicher fällt der Einbruch bei Sprachreisen aus. Claudio Ceserano, Geschäftsführer von der Media Touristik AG, die unter der Marke Linguista Sprachaufenthalte anbietet, spricht von einem Rückgang zwischen 36 und 38 Prozent für dieses Jahr. «Bis zum Sommer wurde noch gereist», sagt er, «doch inzwischen spüren wir eine deutliche Verunsicherung in der Branche.» Für das kommende Jahr lägen kaum Buchungen für die USA vor.
Keine Probleme bei der Einreise: Im Frühling war die Sorge gross, dass Schweizer Austauschschüler ihre bereits gebuchten Aufenthalte in den USA nicht antreten könnten, als die US-Regierung verschärfte Einreisebestimmungen ankündigte. Laut Christine Leimgruber vom schweizerischen Dachverband für Jugendaustausch Intermundo bewahrheiteten sich die Befürchtungen allerdings nicht: «Es war ein bisschen ein Sturm im Wasserglas.» Letztlich konnten alle Jugendlichen wie geplant abreisen. Auch Claudio Ceserano bestätigt: «Wir hatten keinen einzigen Kunden, der nicht reisen konnte.»
Stetiger Rückgang in den letzten zehn Jahren: Dennoch verlieren die USA als Ziel für akademische und sprachliche Weiterbildungen zunehmend an Attraktivität. Daten der US-Regierung zeigen einen kontinuierlichen Rückgang bei der Vergabe von J-1-Visa an Schweizer Staatsbürgerinnen und -bürger – mit einem markanten Einbruch während der Pandemie. Diese Visa werden unter anderem für Au-Pair-Aufenthalte, Studien- und Wissenschaftsaustausch sowie Sprachkurse vergeben.
Kanada und Co. gewinnen an Beliebtheit: Viele weichen inzwischen auf andere englischsprachige Länder aus: Australien, Neuseeland, Südafrika – und vor allem Kanada. Laut Christine Leimgruber verzeichnen die Mitgliederorganisationen von Intermundo derzeit eine recht stark steigende Nachfrage nach Austauschjahren im nördlichen Nachbarland der USA.
Strukturelle Probleme in den USA: Ob die Ära Trump oder die generelle US-Politik dafür verantwortlich ist, dass Reisende zunehmend andere Ziele wählen, bleibt Spekulation. Laut Christine Leimgruber gibt es aber einen weiteren Grund für den Rückgang: In den USA wird es zunehmend schwieriger, geeignete Gastfamilien zu finden. Wirtschaftliche Unsicherheiten hindern viele Amerikanerinnen und Amerikaner daran, unentgeltlich eine Schülerin oder einen Schüler für ein Jahr aufzunehmen. In anderen Ländern sieht das anders aus. «Gewisse Länder – allen voran Neuseeland und Australien – haben Austauschjahre und Sprachaufenthalte zum Geschäft gemacht. Kommerzielle Anbieter verdienen dabei gut», sagt Leimgruber. Die USA hätten sich diesem Trend bislang entzogen – doch in der Branche wächst die Sorge, dass sich das ändern könnte.
Mitarbeit: Marco Schnurrenberger