Zum Inhalt springen

Diskussion um CS-Rettung «Eine Erhöhung auf zehn Prozent Eigenkapital wäre sinnvoll»

Die ausserordentliche Session zur Credit Suisse endete mit Unmut und Misstrauen: Der Nationalrat lehnte es ab, die 109 Milliarden Franken an Bundesgarantien auch nur symbolisch abzusegnen. Und eine Allianz aus SVP, SP und Grünen wollten ein Zeichen setzen, dass es nun mehr Regulierung der Grossbanken brauche. Diese Diskussionen dürften fortgeführt werden, glaubt Wirtschaftsrechtler Peter V. Kunz – wenn auch weniger intensiv.

Peter V. Kunz

Wirtschaftsrechtler

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Peter V. Kunz ist Professor für Wirtschaftsrecht der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bern und war deren Dekan bis 2020.

SRF News: Was bewirkt das Misstrauensvotum des Parlaments?

Peter V. Kunz: Es war vor allem ein politisches Zeichen, juristische Bedeutung hat es ja keine. Das Votum war vor allem Ausdruck des Wahlkampfs, aber auch ein Fingerzeig für den Bundesrat. Vor allem das Narrativ, dass die Übernahme der CS durch die UBS alternativlos war, wurde – zu Recht – infrage gestellt.

Geht es angesichts der vielen Anfragen aus dem Parlament an den Bundesrat nicht auch um Aufarbeitung?

Wahlkampf ist nicht per se schlecht. Es muss sich nun aber zeigen, ob der Schub für eine verstärkte Aufsicht in den kommenden Monaten und Sessionen anhält und eine verstärkte Regulierung umgesetzt wird – oder ob das alles wieder abebbt.

Jetzt sind alle zornig, Politiker können sich in Szene setzen.

Zum jetzigen Zeitpunkt sind alle zornig, die Politiker können sich in Szene setzen. Doch erst im Herbst und im nächsten Jahr wird darüber entschieden, ob die Bankenregulierung auf eine neue Basis gestellt wird.

Zum Thema PUK sagt Peter V. Kunz:

Box aufklappen Box zuklappen
Peter V. Kunz.
Legende: srf

«Noch vor zwei Wochen hätte ich darauf gewettet, dass eine Parlamentarische Untersuchungskommission eingesetzt wird. Alle hatten sich enerviert, auch die bürgerlichen Parteien. Doch jetzt merkt man, dass der Druck zumindest bei FDP, Mitte und Grünliberalen etwas zurückgegangen ist. Die PUK ist nur dann wahrscheinlich, wenn politischer Druck nicht zuletzt auch aus den Medien und der Bevölkerung kommt. Für mich wäre ein PUK angebracht: Mich interessiert vor allem, wie die Behörden und die Politik – SNB, Finma und Bundesrat – genau vorgegangen sind. Das ist für die Aufarbeitung dieser Bankenrettung zentral.»

Zur Diskussion stehen unter anderem eine Erhöhung des Eigenkapitals, Risikokontrolle, Verschärfung der Liquiditätsvorschriften. Was ist da realistisch?

Die Boni-Thematik dürfte an die Hand genommen werden. Denn bei diesem Dauerbrenner-Thema kann fast nichts schiefgehen – alle Leute regen sich über die Millionenboni auf. Die Boni dürften in irgendeiner Form beschränkt werden, freilich, ohne dass das die Situation wirklich regelt.

Die Boni dürften in irgendeiner Form beschränkt werden – ohne dass das die Situation wirklich regelt.

Man wird sich womöglich auch auf eine Verschärfung der Vorschriften beim Eigenkapital und bei der Liquidität verständigen können, zumindest für systemrelevante Banken. Realistisch und sinnvoll wäre dabei beispielsweise eine Erhöhung auf zehn Prozent hartes Eigenkapital.

Muss auch die Finanzmarktaufsicht Finma mehr Kompetenzen erhalten?

Nicht ganz zu Unrecht wird die Finma kritisiert, zu viele Regulierungen erlassen zu haben, für die sie eigentlich nicht zuständig war. Das Problem ist aber, dass sie im Aufsichtsbereich zu wenige Instrumente hat.

Die Forderung nach einer Bussenkompetenz für die Finma hat jetzt womöglich gute Chancen im Parlament.

Ich befürworte seit Jahren eine Bussenkompetenz für die Finma, wie das im Ausland bei Finanz-Aufsichtsbehörden oder in der Schweiz bei der Wettbewerbskommission Weko längst üblich ist. Womöglich hat die Forderung jetzt gute Chancen im Parlament. Zudem sollte die Finma besser über ihre Enforcement-Verfahren gegen Finanzinstitute informieren dürfen, um den Druck auf die Banken zu erhöhen. Das hätte präventive Wirkungen auf dem Bankenplatz Schweiz.

Sie sagen, der Druck der Bürgerlichen und der Mitte habe in den letzten Tagen etwas abgenommen – haben verschärfte Regulierungen da überhaupt noch eine Chance im Parlament?

Die Karawane zieht weiter – das ist immer so. Nach dem 19. März habe ich gedacht, es gebe jetzt eine Aufbruchstimmung bei den Regulierern. Doch wenn die CS und UBS bald nicht mehr für die grossen Schlagzeilen sorgen, könnte der Regulierungsdruck abnehmen – und das vor allem nach den Wahlen im Herbst.

Bei den Regelungen für systemrelevante Banken geht es um nationale Interessen.

Trotzdem sollten die Regelungen bei den systemrelevanten Banken angeschaut werden, immerhin geht es hier um nationale Interessen. Ebenso sollten die Kompetenzen der Finma genau unter die Lupe genommen und optimiert werden.

Das Gespräch führte Salvador Atasoy.

SRF 4 News, 13.04.2023, 06:50 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel