«Die Frau muss sich wohlfühlen im Laden, dann öffnet sich auch das Portemonnaie.» Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler setzte schon früh auf Verkaufspsychologie: «Wir versuchten den Angriff auf die Hausfrau über das Herz», sagte er bei der Eröffnung des ersten grossen Migros-Supermarktes in Zürich. Das war 1952.
«Die Symmetrie liegt der Frau nicht», sagte Dutti weiter, deshalb waren die Verkaufsgestelle unregelmässig aufgestellt und die Beleuchtung unregelmässig. Sein Ziel war, eine Atmosphäre wie auf einem Markt zu erzeugen.
Warme Farben steigern Kauflaune
Und heute? Die Ziele sind dieselben: Die Kunden sollten möglichst lange bleiben und dazu verführt werden, möglichst viel Geld auszugeben. Die Mittel dazu sind viel ausgeklügelter geworden und die Konsumenten werden enger beobachtet.
Jolanda Lombriser, Expertin für Einkaufsverhalten bei der Migros, sagt, der Wohlfühlfaktor sei auch heute wichtig. Es beginne schon beim Eingang: Frisches Gemüse und Früchte wartet hier auf die Eintretenden. Die warmen Farben entspannten die Kundschaft und versetze sie in gute Kauflaune, so die Erkenntnis. Der Duft von frischem Brot in der Hausbäckerei zeige ähnliche Wirkung.
Stresspegel der Kundinnen messen
Doch neben dem Wohlfühlen sei heute effizientes Einkaufen entscheidend, so Lombriser. Sie nutzt moderne Mittel, um Konsumenten zu analysieren: Bei 63 Testkunden mass sie Puls und Augenbewegungen (Eye-Tracking) und mit Wärmebildern den Stresspegel.
Stressig für Kunden ist es, wenn sie an der Kasse zu lange warten müssen oder sie etwas nicht schnell finden. Das wiederum ist schlecht fürs Geschäft.
Vor der Neueröffnung der Migros-Filiale im Säntispark sieht Lombriser Handlungsbedarf: Ein Gestell verdecke die Sicht auf die Truhe, die mit Aktionen gefüllt ist. Es muss weg. Wenn die Kundschaft die Aktionen nicht sehe, steuere sie vorzeitig Richtung Kasse. Die Filialleiterin Nada Kaufmann erledigt das und verschiebt das umsatzhemmende Gestell.
Gut gelotst ist schon fast verkauft
Die Kundinnen und Kunden sollen möglichst gut durch den Laden geführt werden. Ladenbauleiterin Monika Diebold ist verantwortlich dafür, dass neue Läden nach diesen Kriterien eingerichtet werden.
Die Kundschaft muss sich im neuen Laden im Säntispark erst zurechtfinden. Sie loben die grosszügigen Gänge.
Ich muss an allen Gestellen vorbei. Wenigstens ist es nicht so schlimm wie bei Ikea.
Doch Kundin Annemarie Schrämli sagt: «Es ist das Typische: Langgezogen, damit man an jedem Gestell vorbeimuss.» Was die langen Wege anbelangt, meint sie: «Immerhin ist es nicht so schlimm wie bei Ikea.»
Weniger Kassen = Mehr Stress?
Eine andere Kundin kritisiert: «Der Kassenbereich ist etwas klein geraten.» Die Anzahl der bedienten Kassen wurde bei der neuen Filiale von sieben auf vier reduziert.
Wie das wohl in Stosszeiten sei, fragt sie sich. «Es gibt ja noch immer viele Leute, die an Kassen zahlen wollen.»
Das wiederum könnte zu Stress führen, den die Grossverteiler ja um jeden Preis vermeiden wollen. Die Migros-Verantwortlichen im Säntispark bestreiten jedoch, dass weniger Kassen zwingend stressfördernd seien. Viele Menschen würden die Self-Scanning-Kassen bevorzugen.
Beide Grossverteiler, Migros und Coop, sind ständig daran, ihre Läden zu modernisieren. Der Kampf um die Kunden hört nie auf, die Konkurrenz schläft nicht.
Für die Filialleiterin im Säntispark ist klar: Moderne Läden sind in einem hart umkämpften Markt wichtig, aber der persönliche Kundenkontakt genauso.