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Energiepreise im Keller Der Strom ist ein teurer Fall von gestern

  • Die Welt hat derzeit zu viel Strom. Kraftwerke produzieren mehr Strom als Privathaushalte und vor allem die Industrie in der Krise braucht.
  • Das Resultat: Die Strompreise sind am Boden. Die unmittelbaren Auswirkungen für Stromkonzerne und Konsumenten sind überschaubar, die langfristigen aber sehr ungewiss.

Auf dem Strommarkt wird kurz- und langfristig gehandelt. Wer heute oder morgen Strom liefert, erhält je nach Tageszeit wenig bis nichts.

«Preise zum Einsturz gebracht»

Andreas Tresch, Partner beim Beratungsunternehmen Enerprice, erklärt: «Wir haben Strom, der produziert wurde, der aber von den Endkonsumenten nicht gebraucht wird. Das heisst, dieser Strom landet am Kurzfrist-Markt und hat dort durch das Überangebot die Preise zum Einsturz gebracht.»

Den grössten Teil des Stroms, den grosse Produzenten heute liefern, haben sie allerdings schon vor zwei bis drei Jahren verkauft. Alpiq zum Beispiel ist bekannt für solche Absicherungsgeschäfte. Michel Kolly, Leiter Energiehandel: «Wir haben schon seit langem unsere Produktion für dieses Jahr und die nächsten zwei, drei Jahre verkauft – auf gutem Niveau. Deshalb sind wir voll geschützt.»

Dauer der Tiefpreisphase ungewiss

Im Moment wartet Alpiq also ab und verkauft möglichst keinen Strom auf lange Frist - in der Hoffnung, dass die Preise wieder steigen. «Aber wenn es sehr lange dauert mit den tiefen Strompreisen, werden wir auch einmal betroffen sein.»

Wie lange die Tiefpreisphase dauert, ist offen. Steigt die Nachfrage wieder und werden gleichzeitig mehr Kraftwerke im nahen Ausland altershalber abgeschaltet, steigen die Preise möglicherweise bald wieder an. Fällt die europäische Wirtschaft aber in eine Rezession, ist auch ein weiteres Absinken gut denkbar.

Schweizer Haushalte profitieren (noch) nicht

Klar ist nur: Die Schweizer Haushalte profitieren vorerst nicht von den tiefen Preisen am Strommarkt. Denn der Strom, der heute aus der Steckdose kommt, den hat der lokale Versorger vor einiger Zeit schon eingekauft – zu einem deutlich höheren Preis.

Wenn, dann macht sich die Corona-Krise auf der Stromrechnung frühestens in ein bis zwei Jahren bemerkbar.

Heute Morgen vom 04.06.2020, 06 Uhr

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