Das Transportunternehmen Kühne+Nagel hat einen fulminanten Start ins Geschäftsjahr 2021 hingelegt. Die heute präsentierten Quartalszahlen zeigen eine Verdoppelung des Reingewinns, an der Börse gibt es dafür von den Anlegern viel Applaus.
Wir haben gedacht, die Globalisierung sei vorbei.
Der Schweizer Logistiker reiht sich damit ein in das Konzert von grossen Reedereien wie Maersk oder Hapag-Lloyd, die ihrerseits allesamt gute Geschäftszahlen vorweisen.
Pandemie zeigt Probleme der Lieferketten
Diese Entwicklung erstaunt. Denn zu Beginn der Coronakrise waren sich Experten einig, dass der weltweite Handel stark zurückgehen werde. «Wir haben gedacht, die Globalisierung sei vorbei», konstatiert Ralph Ossa, Professor für Internationalen Handel an der Universität Zürich.
Denn die Pandemie hatte die Brüchigkeit der globalen Lieferketten vor Augen geführt. Plötzlich waren Produkte entweder gar nicht oder nur mit viel Geduld erhältlich. Die naheliegende Lösung: Die Produktion müsse wieder näher zu den Absatzmärkten geholt werden. Der lange Zeit als unaufhaltsam geltende Prozess der Globalisierung machte der Vorstellung einer Entglobalisierung Platz.
Einige Monate später wirkt alles anders. In der zweiten Hälfte des Vorjahres bauten Unternehmen ihre Lager wieder auf, China und andere asiatische Exportstaaten erholten sich unerwartet rasch.
Konsumverhalten ändert sich
Beim Konsumverhalten findet eine Verhaltensänderung statt. Die weitreichenden Einschränkungen der Pandemie erschweren zwar den Besuch von Restaurants oder das Buchen einer Reise, dafür kaufen die Leute in der westlichen Hemisphäre vermehrt technische Geräte und Konsumgüter für zu Hause. Vieles davon stammt aus dem asiatischen Raum.
Die guten Zahlen der im globalen Transportnetz tätigen Unternehmen täuschen aber nicht darüber hinweg, dass im internationalen Handel längst nicht alles rund läuft: Stehende Container, Lieferkanäle, die noch nicht richtig funktionieren – die Folgen der Pandemie bleiben beim weltweiten Warenaustausch spürbar und führen zu Verzögerungen, heisst es bei Kühne+Nagel.
Dennoch würde eine Verlagerung der Produktion näher an die Absatzmärkte einen Anstieg der Kosten und somit höhere Preise mit sich bringen. Und am Schluss entscheide immer der Kunde, wie viel er zu zahlen bereit sei, sagt Detlef Trefzger, Konzernchef Kühne+Nagel. Somit scheint die Deglobalisierung vorerst viel mehr ein Gedankenexperiment zu bleiben, als Realität zu werden.