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Erneuerbare Energien Die Energiebranche streitet um ein Fördermodell

Will die Schweiz von AKW auf erneuerbare Energien umsatteln, braucht es Anreize für Investitionen. Bloss welche?

Der Energiekonzern Axpo hat auch im letzten Halbjahr seine Kapazitäten im Bereich erneuerbare Energieproduktion ausgebaut. Das zeigen die heute veröffentlichten Geschäftszahlen. Die allermeisten neuen Photovoltaikanlagen und Windräder hat Axpo im Ausland gebaut.

Denn solche Investitionen sind dort attraktiver als hierzulande. So wie Axpo machen das auch viele andere Stromfirmen. Wie liessen sich die Anreize ändern, dass künftig mehr in der Schweiz investiert wird? Die Branche ist sich uneins.

Modell mit «gleitender Marktprämie»

Axpo-Mediensprecherin Monika Müller macht ein Bild: «Stellen Sie sich vor, Sie pflanzen einen Baum und bewässern ihn nur mit zusätzlichem Wasser, wenn der Niederschlag ausbleibt. Aber wenn genug Niederschlag da ist, braucht es keine zusätzliche Bewässerung. Ähnlich funktioniert es mit der Marktprämie.»

Axpo, Alpiq und andere Schweizer Stromversorger fordern «gleitende Marktprämien» vom Bundesrat. Wie ein Baum, dem Wasser zugeführt werden muss, wenn es lange trocken ist, würde der Stromproduzent dann einen Zuschlag erhalten vom Staat, wenn der Marktpreis für Strom unter ein bestimmtes Niveau fällt. Dieses Preisniveau würde in einem Wettbewerb bestimmt.

In diesem Wettbewerb künden Stromproduzenten an, zu welchem Preis sie mit einer künftigen Anlage Strom produzieren können. Der Produzent, der den tiefsten Preis pro Kilowattstunde bietet, erhält den Zuschlag. Bietet der Produzent zum Beispiel fünf Rappen pro Kilowattstunde, dann erhält er die Differenz, wenn der Marktpreis auf drei Rappen fällt, pro Kilowattstunde zwei Rappen.

Liegt der Marktpreis bei fünf Rappen oder höher, erhält der Produzent keine Unterstützung. «Der Vorteil der Marktprämie ist, dass sie sich sehr stark an der Marktrealität ausrichtet. Damit verhindern wir eine Überförderung», sagt Axpo-Mediensprecherin Müller. Weil der Staat eben nur dann bezahlt, wenn der Marktpreis tief ist.

BKW setzt auf anderes Modell

Als einziger grosser Energiekonzern in der Schweiz setzt die BKW auf ein anderes Instrument, nämlich auf einmalige Investitionsbeiträge. Dabei würde der Bund ebenfalls einen Wettbewerb veranstalten – dem Gewinner, also dem günstigsten Anbieter, dann aber einen einmaligen Beitrag an die Investitionskosten ausrichten.

Das sei näher am Markt, glaubt der Leiter Marktanalyse und Regulierung bei der BKW, Urs Meister: «Das Modell garantiert weder eine feste Abnahme des Stroms noch einen fixierten Abnahmepreis.» Die Produzenten hätten dann starke Anreize, ihre Anlagen an die Bedürfnisse des Marktes auszurichten, ist Meister überzeugt.

«Vor allem bleiben die wirtschaftlichen Risiken der Emissionsbeiträge bei den Investoren selber. Sie sind und bleiben also Unternehmer.» Bei Einspeisevergütungen übernehme dagegen der Staat und letztlich der Steuerzahler die Risiken.

Ausbau der Energieproduktion eilt

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Ob mit gleitenden Marktprämien oder einmaligen Investitionsbeiträgen – Branche und Nichtregierungsorganisationen sind sich einig, dass der Ausbau der Energieproduktion stark beschleunigt werden muss, wenn die Schweiz dereinst die AKWs auf umweltfreundliche Art ersetzen will. Die Vernehmlassung dauert noch bis zum 12. Juli. Dann wird die Diskussion um das richtige Fördermodel aus der Branche in die Politik wechseln.

Damit unterstützt BKW, was der Bundesrat in der laufenden Vernehmlassung zur Revision des Energiegesetzes vorschlägt. Die andern Stromkonzerne verweisen allerdings darauf, dass die Schweiz das einzige Land wäre, das weiterhin Investitionsbeiträge bezahlen würde. Die meisten europäischen Länder vergäben Marktprämien und täten dies mit Erfolg glaubt im übrigen auch die Schweizerische Energiestiftung, die sich für eine umweltgerechte Energiepolitik einsetzt.

Echo der Zeit vom 08.06.2020, 18 Uhr

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