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Geldpolitik im Euroraum Die schwierige Gratwanderung der EZB in Zeiten des Krieges

Die EZB will ihre milliardenschweren Anleihenkäufe schon im dritten Quartal reduzieren. Sie reagiert damit auf die rasant steigende Inflation im Euroraum, die durch den Ukraine-Krieg weiter angeheizt wird. Dieser könnte die Wirtschaft wieder in Bedrängnis bringen.

EZB-Chefin Christine Lagarde ist höchst alarmiert: Der Krieg Russlands gegen die Ukraine werde massiven Einfluss auf die Wirtschaft und auf die Inflation haben. Das sagte die Französin nach der EZB-Ratssitzung am Donnerstag. Die Preise für Energie und Rohstoffe würden steigen, der internationale Handel werde unterbrochen, die Zuversicht schrumpfen.

Aber die EZB werde alles Notwendige tun, um die negativen Auswirkungen abzufedern. Und das heisst: Alles tun, um die Inflation einzudämmen und Preisstabilität zu garantieren. Ganz so, wie es das Mandat von der Zentralbank verlange.

Doch die Herausforderung zu meistern, war schon vor dem Ukraine-Krieg schwer. Als Folge der Corona-Pandemie ist die Inflation in vorher ungeahnte Höhen gestiegen. Der Ukraine-Krieg hat die Preise weiter angeheizt.

Steigende Inflation erwartet

Die Inflation im Euroraum sei im Februar auf 5.8 Prozent geklettert – und werde wohl weiter ansteigen, erwartet Lagarde. Der Hauptgrund dafür seien die hohen Energiepreise, die sich allein im letzten Monat um ein Drittel gegenüber dem Vormonat verteuerten. Und die auch die Lebensmittelpreise nach oben trieben – wegen höherer Transport- und Düngermittelkosten.

Ein Mann nimmt zwei 10 Frankenscheine aus dem Portemonnaie.
Legende: Eine hohe Inflation mindert die Kaufkraft der Konsumentinnen und Konsumenten. Ihr Geld ist dann weniger wert. Keystone/Christian Beutler

Gemäss Mandat müsste die EZB angesichts der massiv gestiegenen Inflation eigentlich handeln – und den Geldhahn, der lange offen war, wieder zudrehen. Also die milliardenschweren Anleihenkäufe zurückfahren und die Zinsen wieder anheben. Denn die EZB definiert Preisstabilität bei einer Inflation von knapp unter zwei Prozent – weit unter dem tatsächlichen Niveau also.

Doch den Geldhahn zuzudrehen und damit die Politik des billigen Geldes, mit der sie die krisengebeutelte Wirtschaft lange gestürzt hatte, beenden? Davor schreckte die EZB bisher zurück. Zu gross war die Angst, dass sie mit weniger Anleihenkäufen und höheren Zinsen die wirtschaftliche Erholung abwürgen könnte.

Gerade hatte sich die Lage nach dem Corona-Schock wieder etwas aufgehellt, was den Weg für eine geldpolitische Normalisierung hätte freimachen könnte. Doch mit dem Ukraine-Krieg seien die Risiken für die Weltwirtschaft wieder weiter gestiegen, sagte Lagarde.

Strategie mit offener Hintertür

Die EZB wählt daher am Donnerstag einen vorsichtigen Kurs: Sie will im dritten Quartal die milliardenschweren Anleihenkäufe langsam zurückfahren – und hofft damit, die Inflation zu bremsen.

Gleichzeitig hält sich Lagarde aber eine Hintertür offen: Je nachdem, in welche Richtung sich der Krieg entwickeln sollte, will die EZB den Schritt noch einmal überdenken – und die geldpolitische Normalisierung damit weiter in die Zukunft verschieben.

Hohe Unsicherheiten

Eine richtige Entscheidung, findet Ulrike Kastens, Europa-Ökonomin des deutschen Vermögensverwalters DWS. «Die Unsicherheit ist einfach sehr hoch.» Man sehe das an den verschiedenen Märkten wie den Rohstoffmärkten oder in der Realwirtschaft. «Wir können das ganze noch nicht richtig abschätzen. Von daher ist es sicherlich richtig, zu sagen, wir behalten uns eine kleine Hintertür offen und wenn es schiefgeht, können wir noch anders reagieren. 

Die EZB verschafft sich eine Atempause. Und hält sich in einem extrem schwierigen Umfeld alle Optionen offen.

Echo der Zeit, 10.03.2022, 18 Uhr

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