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Huthi-Rebellen im Roten Meer Huthi-Angriffe auf Schiffe wirbeln Lieferketten durcheinander

Die Angriffe von Huthi-Rebellen auf Frachtschiffe haben Konsequenzen: Diverse Reedereien weichen auf andere Routen aus.

Nach wiederholten Angriffen durch jemenitische Huthi-Rebellen haben die grössten Reedereien der Welt Konsequenzen gezogen: MSC, Maersk, CMA CGM, Hapag-Lloyd und Evergreen haben in den letzten Tagen und Stunden bekannt gegeben, dass sie ihre Schiffe via Horn von Afrika umleiten wollen. Ähnliche Entscheide haben auch Ölgiganten wie BP für ihre Tanker gefällt.

 Grosses Containerschiff MSC Maya passiert den Suezkanal.
Legende: Rund 19'000 Containerschiffe fahren pro Jahr durch den Suezkanal. Laut Schätzungen sind es insgesamt wohl 10 Prozent des gesamten Welthandels, die sich durch das Nadelöhr zwischen Rotem Meer und Mittelmeer zwängen. imago images/Panthermedia

Auch bei Logistikunternehmen, die Lieferungen für ihre Kundschaft auf solchen Schiffen platzieren, laufen nun die Kommunikationskanäle heiss, bestätigt Dominique Nadelhofer. Er ist Sprecher von Kühne + Nagel, dem grössten Schiffslogistiker der Welt mit Sitz in der Schweiz. Seit vergangenem Freitag hätten sie ein gutes Dutzend Schiffe gezählt, die ihre Routen geändert hätten. Und diese Zahl werde zunehmen.

Die Disponentinnen und Disponenten müssten neu planen. «Ein Schiff braucht im Schnitt von Asien nach Europa zwischen 30 und 40 Tagen.» Nun müssen die Schiffe statt durch das Rote Meer und durch den Suezkanal einmal rund um Afrika, also um das Kap der Guten Hoffnung bei Kapstadt und dann der westafrikanischen Küste entlangfahren. «Wir rechnen damit, dass das Schiff zwischen zehn und 15 Tagen länger unterwegs ist. Das sind etwa 11’000 Kilometer.»

Doch weil die Schiffe eben auch bei ihrer Rückkehr einen Umweg fahren müssen, dürften die eigentlich eng getakteten Lieferketten ziemlich durcheinandergebracht werden, schätzt Nadelhofer. «Das sind Liniendienste, ein bisschen wie beim Zug. Es gibt einen Taktverkehr. Bei Rotationen gehen wir davon aus, dass ein Schiff im Schnitt drei bis vier Wochen länger unterwegs ist.» Und damit kann ein Schiff auch seine nächste Ladung nur mit massiver Verspätung aufnehmen.

Andere Ausgangslage als während der Pandemie

Vor bald drei Jahren war der Suezkanal schon einmal durch das Containerschiff «Ever Given» mehrere Tage blockiert . Die Folgen damals für den gesamten Welthandel waren riesig und kosteten Milliarden.

Nadelhofer hofft, dass die jetzige Umfahrung des Suezkanals weniger heftige Folgen haben wird. «Dieses Mal ist die Lage ein bisschen anders oder ein bisschen entspannter. Denn derzeit sind genügend Kapazitäten vorhanden. Die Schiffe sind nicht ganz voll.»

Schiffscontainer werden von einem Schiff an einem Containerterminal im Hafen entladen.
Legende: Während der Pandemie und wegen Personalmangel waren Frachtschiffe und Container häufig zur falschen Zeit am falschen Ort, Frachtplätze auf den fahrenden Schiffen waren knapp und extrem teuer. Reuters/Lucy Nicholson

Handelskonzerne und Reedereien suchen nun unter Hochdruck nach neuen Wegen, wie die Lieferungen aus Asien nach Europa gelangen können. Für zeitkritische Lieferungen werde man wohl auf die Luftfracht setzen, sagt Dominique Nadelhofer. Welche Folgen diese Verzögerungen auf Preise und Verfügbarkeit von Waren haben, sei derzeit allerdings schwer abzuschätzen.

Entscheidender Faktor dürfte sein, ob die Gefahr für die Schiffe, im Roten Meer beschossen zu werden, länger anhält oder nicht. Derzeit treffen laut Kühne + Nagel sechs von zehn Schiffen rechtzeitig an ihren Bestimmungshäfen ein. Sicher ist, diese Quote wird sich durch die jüngsten Ereignisse rund um den Krieg in Gaza klar verschlechtern. Bereits reagiert haben die Märkte: Die Preise für Öl und Gas sind deutlich gestiegen.

USA gründen Allianz zum Schutz von Schiffen

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Vor dem Hintergrund des Gaza-Krieges und zunehmender Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer schmiedet Israels Verbündeter USA eine militärische Sicherheitsallianz für die Region mit europäischen und anderen Partnern. Die «Operation Prosperity Guardian» soll Handelsschiffe besser vor Angriffen der von Israels Erzfeind Iran unterstützten Huthi-Rebellen schützen, teilte das US-Verteidigungsministerium mit. Deutschland prüft nach Angaben von Verteidigungsminister Boris Pistorius eine Anfrage zur Beteiligung. Derweil setzt Israel den Krieg gegen die Hamas in Gaza fort, während sich zugleich auch die Lage an seiner Grenze zum Libanon verschärft.

Echo der Zeit, 18.12.2023, 18 Uhr

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