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Inflationsrate bei 55 Prozent Was zurzeit in Argentinien passiert

Das Land schränkt den Devisenhandel ein. Der Wert des Pesos wird weniger und weniger. Wie konnte es so weit kommen?

Ausgangslage : Argentinien steckt seit dem letzten Jahr in der Rezession. Die Arbeitslosenrate ist stark gestiegen. Die Inflationsrate liegt bei mehr als 55 Prozent – so hoch wie in kaum einem anderen Land der Welt. Dafür war Präsident Macri vor 2 Wochen abgestraft worden: Bei den Vorwahlen unterlag er seinem linken Herausforderer Alberto Fernandez. Seither macht sich am Finanzmarkt Panik breit – abzulesen unter anderem am Kurs des Pesos.

Notdekret: Für Privatpersonen, die künftig US-Dollar kaufen wollen, gilt eine monatliche Obergrenze von 10’000 Dollar. Grosse Exporteure, die Devisen kaufen oder ins Ausland überweisen wollen, brauchen dafür künftig eine Erlaubnis der argentinischen Notenbank.

Wirkung des Notdekrets : Ein drastischer Schritt, der aber kurzfristig helfen könne, die Kapitalflucht zu stoppen, den argentinischen Peso zu stabilisieren und damit Schlimmeres zu vermeiden, sagt Schwellenländer-Experte Michael Bolliger von der UBS. «Die argentinische Zentralbank hat in den letzten Tagen sehr viel Geld gebraucht, um den Peso zu stabilisieren – mit beschränktem Erfolg. In solchen Situationen kann es helfen, via Notdekret solche Massnahmen einzuführen.»

Schulden: Die Landeswährung ist in freiem Fall. Weil viele Schulden in Dollar aufgenommen sind, braucht die Regierung immer mehr Pesos, um die Dollar-Schulden zurückzuzahlen. Schon jetzt sind die Schulden so hoch wie die gesamte Wirtschaftsleistung Argentiniens. Ein grosser Batzen davon – 57 Milliarden Dollar – stammt aus einem riesigen Hilfsprogramm des IWF. Bolliger: «Die Schuldenquote war bereits vorher schwierig. Nun mit der Abwertung ist sie nochmals verschärft worden.»

Drohende Staatskrise: Weil der Regierung das Geld ausgeht, hat die Regierung Macri einseitig beschlossen, fällige Schuldtitel erst später zurückzubezahlen. Doch das versetzte Investoren erst recht in Panik. Ratingagenturen wie Fitch und Standard&Poors sehen Argentinien inzwischen nah an der Zahlungsunfähigkeit. Es droht eine erneute Staatspleite – 18 Jahre nach der letzten.

Nächste Schritte: Die Regierung muss versuchen, mit Kreditgebern wie dem IWF längere Laufzeiten für die Kredite zu vereinbaren – und niedrigere Zinsen aushandeln. Da der IWF immer erster Gläubiger ist, müssen sich nachrangige Gläubiger vielleicht langsam darauf gefasst machen, auf einem Teil ihrer Argentinien-Schulden sitzen zu bleiben.

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