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Siemens baut Anlage – Reaktionen aus Australien
Aus SRF 4 News aktuell vom 13.01.2020. Bild: Keystone
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Kohleabbau in Australien «Das wird sicher ein harter Kampf für Siemens»

Der deutsche Industriekonzern Siemens hält an seinen Plänen fest. Trotz Kritik will das Unternehmen in Australien eine Zugsignalanlage für die Erschliessung eines Kohlebergwerks bauen – eins der grössten Werke der Welt, das von der indischen Adani Group gebaut wird. Joe Kaeser, CEO von Siemens, teilte mit, man müsse den Verpflichtungen nachkommen. SRF-Australien-Mitarbeiter Urs Wälterlin rechnet mit anhaltenden Protesten von Umweltschützern.

Urs Wälterlin

Urs Wälterlin

SRF-Mitarbeiter Australien/Ozeanien

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Der gebürtige Prattler Urs Wälterlin lebt seit 1992 in der Nähe der australischen Hauptstadt Canberra. Er berichtet für SRF über Australien, Neuseeland und Ozeanien.

SRF: Wie reagiert man in Australien auf den Entscheid von Siemens?

Urs Wälterlin: Mit Wut und Empörung seitens vieler Umweltorganisationen. Die Gegner hatten auf das Veto von Herrn Kaeser gezählt. Das deutsche Unternehmen muss nun sicher mit Protesten, Demonstrationen, aber auch Blockaden vor Siemens-Gebäuden in Australien rechnen. Die Adani-Gegner sind sehr gut organisiert. Das wird sicher ein harter Kampf für Siemens.

Siemens soll eine Zugsignalanlage für das Kohlebergwerk bauen. Das klingt einigermassen harmlos. Warum diese heftige Kritik?

Es ist tatsächlich ein Auftrag im Wert von nur ein paar Dutzend Millionen Euro. Das ist ein vergleichsweise kleiner Betrag innerhalb dieses gigantischen Milliardenprojekts. Aber der Auftrag hat Symbolcharakter. Die Mine ist ein sehr umstrittenes Projekt. Es ist eine Ansammlung von Tagebau und Untertagebau auf einer Fläche von 45'000 Hektaren. Im Endeffekt sollen bis zu 60 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr gefördert werden. Das führt natürlich zu massiven Klimagas-Emissionen. Die Signalanlage, die Siemens baut, ist für eine rund 189 Kilometer lange Bahnlinie an die Küste bestimmt.

Warum wird ausgerechnet Siemens deswegen so scharf kritisiert?

Alle Firmen, die sich an diesem Projekt beteiligen, werden kritisiert, und zwar seit Jahren. Die Protestbewegung kooperiert mit Organisationen auf der ganzen Welt. Das sieht man jetzt im Fall von Siemens.

Deutsche Firmen gelten in Australien ganz allgemein als eher umweltbewusst.

Natürlich auch, weil sich Siemens so grün und sauber verkauft. Deutsche Firmen gelten in Australien ganz allgemein als eher umweltbewusst im Vergleich zu anderen. Darum ist die Enttäuschung hier besonders gross.

In Australien wüten zurzeit massive Buschbrände. Man wirft Regierungschef Scott Morrison vor, er tue zu wenig gegen den Klimawandel. Ist die Kritik an Siemens auch in dem Kontext zu sehen?

Absolut. Kohle ist eine führende Quelle von klimaschädlichen Emissionen. Jeder, der sich an ihrer Förderung in irgendeiner Weise beteiligt, muss sich heute von Kritikern vorwerfen lassen, von der Klimakatastrophe zu profitieren. Und wie diese aussieht, haben wir hier in den letzten Wochen in Australien auf dramatische Art gesehen. Die Brände sind nicht zuletzt in Folge der globalen Erderwärmung so verheerend und so intensiv geworden.

Morrison gilt als Verfechter der fossilen Energieformen. Gibt es Hinweise darauf, dass die Kritik bei ihm ankommt?

Optimisten sagen heute: Ja. Morrison hat am Wochenende signalisiert, die im internationalen Vergleich sehr schwachen Klimaschutzziele Australiens könnten eventuell überdacht werden. Sein Schatzkanzler hat das heute allerdings schon wieder relativiert. Die australische Wirtschaft – natürlich auch die Kohlewirtschaft – dürfe unter keinen Umständen leiden.

Solange Kohle noch so profitabel ist, ist es schwer vorstellbar, dass Australien eine Kehrtwende macht.

Dass der Premier jetzt plötzlich umdenkt, ist doch schwer nachvollziehbar und hat eher mit schlechten Umfrageergebnissen zu tun, die am Wochenende herauskamen. Solange Kohle noch so profitabel ist, ist es schwer vorstellbar, dass Australien, in absehbarer Zeit zumindest, eine Kehrtwende machen wird.

Das Gespräch führte Noëmi Ackermann.

«Der Dialog mit Umweltaktivisten ist zur Pflicht geworden»

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Einschätzung von Wirtschaftsredaktor Andi Lüscher:

«Siemens-Chef Joe Kaeser stellt keine Ausnahme dar. Auch Unternehmer und Spitzensportler Roger Federer sah sich dieser Tage gezwungen, auf die Kritik der Klima-Jugend zu reagieren. Beide zeigen Verständnis für die Kritik, beide rechtfertigen ihr Handeln. Im Sinne eines «Reputationsrisiko-Managements» macht das durchaus Sinn: Die Zahl der Umweltaktivisten und deren Sympathisanten steigt. Mittels Social Media können diese regelrechte «shitstorms» auslösen. Der Dialog mit ihnen ist Pflicht geworden. Unter dem Strich zählen dann allerdings die umweltfreundlichen Taten – egal, ob die Triebfeder eine moralisch-ethische ist, oder ob eine betriebswirtschaftliche Logik dahintersteckt. Denn oft findet das Umdenken bei den Unternehmen nicht wegen eines «shitstorms» statt, sondern weil die Investoren an den Finanzmärkten zunehmend nachhaltige Geschäftsmodelle einfordern.»

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