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Konservativer Ökonom Collier Ein Plädoyer für sozialen Kapitalismus

Für Oxford-Ökonom Paul Collier ist zu vieles schiefgelaufen. Es sei Zeit, dass Lösungen angestrebt würden – nicht bloss maximaler Profit.

Paul Collier, ein freundlicher älterer Herr mit weissem Philosophenbart, ist kein Linker. Er gehört nicht zu denen, die dafür plädieren, den Kapitalismus abzuschaffen.

Der Kapitalismus habe den Lebensstandard der Menschen verbessert, betont der konservative Ökonom aus Oxford, den die Queen vor Jahren zum Ritter schlug. Allerdings sei der Kapitalismus aus der Spur geraten.

Wenig Gebildete in der Abwärtsspirale

«Ich habe es selbst erlebt, in meiner unmittelbaren Umgebung», sagt der Sohn eines Metzgers. Heute wohne er zwar in einer der teuersten Strassen Grossbritanniens und habe einen tollen Job.

Aber er sei in ganz anderen Verhältnissen aufgewachsen. Seine Eltern verliessen die Schule bereits im Alter von zwölf Jahren. Wenig gebildete Leute wie sie seien in eine Abwärtsspirale geraten.

Collier stammt aus der nordenglischen Stahlstadt Sheffield. Als die Industrie in den 1970er-Jahren abzog, ging es mit der Stadt bergab. Auch seine Verwandten hätten ihren Arbeitsplatz verloren, als Sheffield an der Globalisierung zerbrochen sei. Für den Ökonomen Collier ist Sheffield ein Beispiel für viele andere.

Kritik an der eigenen Ökonomen-Zunft

Collier macht die «schädlichen Ideen», die Wirtschaft und Regierung Anfang der 1980er-Jahre infizierten, dafür verantwortlich. Eine davon sei die des «Homo öconomicus» gewesen. Dieser sei gierig, faul und egoistisch, hiess es damals. Auch die eigene Ökonomen-Zunft habe dazu beigetragen, dieses reduzierte Menschenbild zu befördern, sagt Collier selbstkritisch.

Weil der Kapitalismus über Jahrzehnte das Soziale vernachlässigt habe, hätten sich grosse Risse in der Gesellschaft aufgetan – zwischen den städtischen Metropolen und der Provinz, zwischen den hochqualifizierten Eliten und der Masse der Geringqualifizierten. Inzwischen gebe es in grossen Teilen der Bevölkerung daher ein allgegenwärtiges Gefühl, dass etwas fundamental schiefgelaufen sei.

Nicht maximaler Gewinn, sondern Lösungen

Die Folge seien Rebellionen. Wie die Wahl des Populisten Donald Trump in den USA oder der Brexit in Grossbritannien. Die Rebellen würden zwar das System bedrohen, hätten aber auch keine Antwort auf die Frage, wie man die tiefen Risse kitten kann, meint der Ökonom.

Collliers Antwort auf diese Frage ist ein Plädoyer für einen sozialen Kapitalismus: «Zweck eines Unternehmens darf nicht nur der Profit sein. Sein Zweck muss sein, profitable Lösungen für die Probleme der Gesellschaft zu finden», sagt Collier. Dieses Ideal eines ethischen Unternehmertums sei keineswegs verklärt, betont er.

«Spätestens seit der Finanzkrise ist klar geworden, dass das alte, nur auf Profit fixierte Modell nicht mehr funktioniert.» Finanzmanager, die nur am eigenen Bonus interessiert waren, hätten ganze Firmen in den Abgrund gerissen.

Umdenken muss gefördert werden

Tatsächlich beobachtet Professor Collier inzwischen ein grundlegendes Umdenken in der Wirtschaft und sogar in der Finanzwirtschaft. Doch allein könnten es die Unternehmen aber nicht richten. Es brauche auch den Staat, um den Kapitalismus wieder auf die richtige Spur zu bringen, betont der Brite.

Erst, wenn aus den schönen Ankündigungen auch konkrete Politik werde, könne der Kapitalismus repariert werden.

Wenn nur das Wörtchen wenn nicht wär.

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