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Kritik am Strommix Strom aus Deutschland ist sauberer als sein Ruf

Die Umweltschutzorganisation WWF sagt, der deutsche Strom sei gar nicht so unsauber. Kann die Schweiz davon profitieren?

Besonders folgendes Argument über das vermeintlich negative Image des Strommixes in Deutschland kursierte bislang: Wärmepumpen oder Elektroautos seien nicht so umweltfreundlich, wie sie scheinen, denn an kalten Wintertagen seien auch sie auf fossilen Dreckstrom angewiesen.

Ein Blick auf die deutsche Emissionsbilanz von Treibhausgasen pro Kilowattstunde Strom zeigt, dass die Kurve steil nach unten gehe, sagt der WWF. Die Werte haben sich in den letzten neun Jahren nämlich fast halbiert: von knapp 600 Gramm auf noch gut 300 Gramm.

Enorme Investments für grüneren Strom

Was es mit der Halbierung auf sich hat, weiss Elmar Grosse Ruse. Er ist Energie- und Klima-Experte bei WWF Schweiz und erklärt, dass Deutschland in den letzten zwei Jahrzehnten massiv in erneuerbare Energien investiert habe.

WWF-Klimaexperte Elmar Grosse Ruse vor einem Energiewerk
Legende: Der WWF-Klimaexperte Elmar Grosse Ruse erklärt den zunehmend sauberer werdenden Strom aus Deutschland mit den Investitionen der vergangenen 20 Jahre, die das Land in erneuerbare Energien getätigt habe. SRF/Archiv

In unserem Nachbarland sind unzählige neue Solaranlagen und Windräder gebaut worden. Zugleich werden dort immer mehr Kohlekraftwerke abgeschaltet. Zusammen führt das dazu, dass der Strommix immer sauberer wird.»

Erstaunlich ist, dass der deutsche Strommix dank der vielen neuen Windräder seit kurzem im Winter gar sauberer ist als im Sommer. Der Grund dafür ist der zusätzliche Strom, den Windräder dank Winterstürme liefern.

Profitiert die Schweiz vom deutschen Strommix?

Auch Ueli Bamert von der Vereinigung der Schweizer Brennstoffhändler Swissoil räumt stellenweise ein, dass das Argument über eigentlich klimaunfreundliche Elektroautos und Wärmepumpenverliert an Kraft verliere.

Der Swissoil-Geschäftführer sagt zwar, dass es immer noch und teilweise seine Gültigkeit habe, dass der Strom nicht ganz dreckfrei sei. Er ergänzt: «Noch ist dieser Strom nicht frei von CO2. Der Schweizer Strom, der wäre frei von CO2. Aber er wird knapper. Insofern sind wir zukünftig immer mehr auf Importe angewiesen.»

Ueli Bamert, SVP-Wahlkampfleiter und Chef von Swissoil, spricht anlaesslich der Pressekonferenz der CVP, FDP und SVP ihrer "Top5-Kandidaten" zur aktuellen links-gruenen Stadtpolitik, aufgenommen am Dienstag, 13. Februar 2018 in Zuerich.
Legende: Der Geschäftsführer und SVP-Mitglied Ueli Bamert gesteht ein, dass der Strom aus Deutschland doch nicht so dreckig sei. Aber befreit von CO2 wie der Schweizer Strom sei er ja auch nicht. Keystone/Archiv

Tatsächlich ist deutscher Strom im Durchschnitt nach wie vor rund zehnmal klimaschädlicher als der schweizerische. Und ob deutscher Strom auch künftig immer in genügendem Umfang zur Verfügung steht, ist offen. Besonders, wenn in der Schweiz und in Deutschland immer mehr Elektroautos fahren, Wärmepumpen laufen und gleichzeitig die Atomkraftwerke vom Netz gehen.

Unterschiedliche Lösungsansätze für die Schweiz

Swissoil plädiert für Strom aus Wasserstoff, um die Versorgungssicherheit zu garantieren. Der WWF hingegen ist überzeugt, dass die Schweiz weniger Strom verschwenden und gleichzeitig selber mehr erneuerbare Elektrizität in Form von Sonnenstrom produzieren sollte.

HeuteMorgen, 12.02.2021, 06:00 Uhr

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