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Luftfahrt in der Krise Wie die Zürcher Flughafengemeinden leiden

Die Pandemie hat die Fliegerei in historischem Ausmass auf den Boden geholt. Nicht nur der Flughafenstandort Kloten bekommt dies in seiner Kasse zu spüren.

Der Ausnahmezustand hält an: Heute meldet der Flughafen Zürich zwar, dass im Mai zehnmal mehr Passagiere via Zürich flogen als im Vorjahresmonat, als die Schweiz noch mitten im Lockdown steckte.

Doch das ist immer noch deutlich weniger als vor der Corona-Pandemie. Gegenüber dem Mai 2019, als Corona noch kein Thema war, liegen die Passagierzahlen immer noch 83 Prozent tiefer.

Hart trifft diese Situation Kloten. Erstmals seit sieben Jahren verzeichnet die Stadt rote Zahlen, die Jahresrechnung für 2020 weist ein Minus von 21 Millionen Franken aus.

Einnahmen um die Hälfte eingebrochen

Aus dem Fluggeschäft fliessen normalerweise üppige Beträge aus Steuern und Abgaben in die Stadtkasse. Etwa die Hälfte dieser Einnahmen sei aufgrund der Corona-Pandemie weggefallen, sagt Klotens Stadtpräsident René Huber.

Jetzt will Kloten sparen, wo es möglichst nicht zu stark schmerzt. Mit kreativen Ideen. So sollen etwa die Wassertemperatur im Schwimmbad um 1 bis 2 Grad abgesenkt und das WLAN auf dem Stadtplatz abgestellt werden. Und es sollen weniger Flohmärkte finanziert werden.

Wir müssen Reserven anzapfen und uns zusätzlich verschulden.
Autor: René Huber Stadtpräsident Kloten

Auf diesen Wegen will die Stadt 4.3 Millionen Franken pro Jahr sparen. Vorläufig bis 2025. Doch reichen wird dies nicht: «Wir müssen Reserven anzapfen und uns zusätzlich verschulden», sagt Stadtpräsident Huber.

Flughafen als Klumpenrisiko für eine Region

Die finanzielle Abhängigkeit vom Flughafen reicht aber weit über Kloten hinaus. Auch andere Gemeinden rund um die Pisten in Kloten spüren die Krise.

Etwa Rümlang, wo unter anderem ein Hotel steht, das von Flugpassagieren gerne genutzt wird. Aber nicht nur das, auch die Tanklager für das Flugbenzin sind für Rümlang in normalen Zeiten eine wichtige Einnahmequelle.

Flugzeug über Häuser und Wald
Legende: Ein Airbus 321 von TAP überfliegt nach dem Start auf der Piste 28 die Gemeinde Rümlang. Keystone

Der Flughafen als Klumpenrisiko für eine ganze Region. Das zeigt sich auch bei den Arbeitsmarktdaten. Die Flughafenregion war im Kanton Zürich überproportional von Kurzarbeit betroffen.

Ausfall der Dividende schmerzt ganzen Kanton

Dennoch leidet der ganze Kanton mit. Denn an der Flughafen AG ist der Kanton Zürich mit einem Drittel beteiligt. Und konnte in der Vergangenheit saftige Zuflüsse einbuchen. Zuletzt gab es obendrauf sogar noch eine Zusatzdividende.

Im Jahr 2018, als letztmals eine Dividende ausbezahlt wurde, belief sich der Betrag auf 71 Millionen Franken. Für die Stadt Zürich, die einen Anteil von rund 5 Prozent am Flughafen hält, gab es rund 11 Millionen Franken.

Bereits für das Geschäftsjahr 2019 wurde keine Dividende mehr ausbezahlt, da zum Zeitpunkt des Auszahlungstermins bereits das Corona-Virus wütete.

Es ist ein schmerzhafter Prozess.
Autor: Carmen Walker Späh Zürcher Volkswirtschaftsdirektorin

Und so schnell wird sich die Situation nicht entspannen. Aviatik-Experten rechnen damit, dass es noch mehrere Jahre dauern wird, bis die Reisetätigkeit in der Luft wieder das Niveau vor der Krise erklimmt – wenn überhaupt.

Entsprechend sorgenvoll beobachtet die Zürcher Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh die Entwicklung: «Es ist ein schmerzhafter Prozess. Viele Arbeitsplätze sind für lange Zeit verloren gegangenen», konstatiert sie.

Schweiz Aktuell, 10.6.21; ; 

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