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Marge der Ölraffinerien Deshalb freuen die hohen Benzinpreise die Erdölraffinerien

Während die Benzinpreise in der EU hoch bleiben, erhöhen Ölraffinerien die Marge – und machen viel Gewinn. Was bedeutet das für die Wirtschaftsentwicklung und wie wirkt sich das auf die Benzinpreise aus?

Preise für Kraftstoffe wie Diesel und Benzin steigen seit Jahresbeginn deutlich stärker an als das Rohöl. Denn die durchschnittliche Marge pro Barrel von rund 20 Dollar ist auf über 50 Dollar in die Höhe geschossen – das ist ein Anstieg von 160 Prozent. Davon profitieren Erdölraffinerien, die Rohöl zu Kraftstoffen weiterverarbeiten, wie Diesel oder Benzin.

Entwicklung der Margen bei der Verarbeitung von Rohöl
Legende: Bloomberg

Auch eine Studie von Greenpeace zeigt, dass Erdölraffinerien mit den rekordhohen Margenpreisen seit dem Ukraine-Krieg deutlich mehr Gewinne als zuvor machen. Die Studie untersuchte die EU-weiten Ölpreise im Januar und März und kam zum Schluss, dass die Preise für die raffinierten Produkte stärker gestiegen sind als der Rohölpreis. «Das heisst, zwischendurch schöpfen die Ölraffinerien Gewinn ab», sagt Greenpeace-Sprecher Georg Klingler. In der Schweiz sei Rohöl zwischen Februar und April dieses Jahres um 8 Prozent teurer geworden, bleifrei Benzin 95 um 9.7 Prozent und Diesel um knapp 16 Prozent.

Hohe Margenpreise durch fehlende Kapazität

Laut Fabian Bilger vom Verband für Treibstoffimporteure Avenergy liessen sich die hohen Margenpreise unter anderem damit begründen, dass während der Corona-Pandemie viele Raffinerien in Europa und den USA ihre Kapazität wegen der geringen Nachfrage nach fossilen Brennstoffen drosselten. Dies habe nun Konsequenzen.

«Die Raffinerie-Kapazität stellt derzeit eine Art Nadelöhr für das Öl dar.» Man habe zwar genug Rohöl, doch dieses müsse durch das begrenzte Fassungsvermögen verarbeitet werden. «Diese fehlende Kapazität trifft auf einen Markt, der extrem viel Treibstoffe und Brennstoffe nachfragt, weil wir eine Krise im Gasmarkt und eine generelle Unsicherheit haben.» So entstehe eine Entkopplung von Öl- und Produktpreis.

Einschätzung der einzigen Schweizer Erdölraffinerie

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Hinter den Raffinerien stehen Ölbetreiber wie beispielsweise die Firma Varo Energy, welche die einzige Schweizer Erdölraffinerie in Cressier (NE) betreibt. Die Raffinerie produziere rund 25 bis 30 Prozent des Schweizer Marktbedarfs, heisst es auf Anfrage bei Varo Energy. Die Firma kaufe seit dem 24. Februar infolge der Invasion Russlands in der Ukraine kein Rohöl oder Produkte russischer Herkunft mehr, schreibt Varo Energy.

«Infolgedessen ist der Kauf von Rohöl oder Ölprodukten für Unternehmen wie das unsere sehr viel teurer geworden.» Zudem seien die Produktionskosten aufgrund der höheren Strom- und Gaskosten erheblich gestiegen. «Es ist daher wichtig, alle Faktoren zu berücksichtigen, einschliesslich der Tatsache, dass die Steuern auf diese Produkte weiterhin einen grossen Teil des Preises ausmachen, den die Verbraucher an der Zapfsäule zahlen», heisst es weiter.

Bilger betont jedoch, dass die Rohmarge nicht mit dem Gewinn verwechselt werden dürfe. Denn innerhalb der Raffinerie entstünden Kosten wie Energiekosten für Gas und Strom, Anlagen- und Unterhaltskosten sowie Personalkosten. «All diese Dinge werden von der Rohmarge abgezogen und ergeben dann die Nettomargen, die nochmals deutlicher geringer sind wegen der hohen Energiepreise.»

Rückgang der Benzinpreise bald möglich

Ökonom Klaus Wellershoff bezeichnet die aktuell hohen Margen als temporäres Phänomen. «Der Preisanreiz, die hohen Margen, wie sie jetzt sind, führt dazu, dass alle wieder mehr anbieten wollen», sagt Wellershoff. Über die Zeit und den Wettbewerb werde die Marge wieder sinken.

Der Benzinpreis sei aber nicht nur abhängig von den Raffinerie-Margen, sondern auch vom starken US-Dollar, vom gestiegenen Fasspreis als Reaktion auf die russische Invasion in der Ukraine, sowie von der allgemeinen wirtschaftliche Lage. Eine genaue Prognose, wann sich die Treibstoffpreise erholen, könne er deshalb nicht machen.

10vor10, 31.05.22, 21:50 Uhr

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