Zum Inhalt springen

Pandemie-Versicherung Versichert gegen Pandemie – das soll doch möglich werden

Hoffentlich gewappnet in die nächste Pandemie: Die Versicherungsbranche arbeitet an einem Modell mit Staatsbeteiligung.

Eine Pandemie ist ein Grossrisiko, mit dem Versicherungen seit Jahren gerechnet haben. Trotzdem gibt es dafür bisher keine Policen. Juan Beer, der Chef der Zurich Schweiz erklärt: «Pandemien treten weltweit gleichzeitig auf. Die Risiken können nicht diversifiziert werden, sind also weder örtlich noch zeitlich begrenzt.»

Wenn Schäden und Kosten an einem Ort auftreten, an den meisten andern Orten aber nicht, dann funktionieren Versicherungsmodelle. Schäden, die gleichzeitig rund um die Welt auftreten, sind hingegen kaum versicherbar.

Die Risiken können nicht diversifiziert werden, sind also weder örtlich noch zeitlich begrenzt.
Autor: Juan Beer CEO Zurich Schweiz

Die Idee: ein Pandemiepool

Für eine nächste Pandemie will die Branche aber trotzdem ein Angebot bereithalten. Zusammen mit dem eidgenössischen Finanzdepartement hat der Versicherungsverband Lösungsvorschläge erarbeitet. Die Idee sei ein sogenannter Pandemiepool, eine Zusammenarbeit zwischen Staat und privaten Versicherern, sagt Urs Arbter, stellvertretender Direktor des Versicherungsverbandes.

Entweder werden die Prämien in einem speziellen Topf gesammelt oder die einzelnen Versicherungen sammeln sie ein: «In beiden Fällen übernehmen die Privatversicherer einen Teil der Schadenleistungen, und die öffentliche Hand übernimmt den Rest. In beiden Fällen erfolgt eine Vorfinanzierung der Schadenzahlungen, anstatt eine vor allem das Bundesbudget belastende Nachfinanzierung», so Arbter.

In beiden Fällen erfolgt eine Vorfinanzierung der Schadenzahlungen.
Autor: Urs Arbter Stv. Direktor, Schweizerischer Versicherungsverband SVV

Obligatorium mit Grenzen

Wichtig ist aus Sicht der Versicherungen, dass möglichst alle mitmachen. Trittbrettfahren durch Unternehmen, die auf eine Versicherung verzichten und darauf setzen, dass ihnen der Staat im Notfall schon unter die Arme greift, soll verhindert werden.

Hato Schmeiser, der Leiter des Instituts für Versicherungswesen der Universität St. Gallen, relativiert: «Man kann sich ein Obligatorium für eine gewisse Grundabsicherung vorstellen. Die Schweiz hat mit so einem Modell im Elementarschadenbereich recht gute Erfahrungen gemacht. Darüber hinaus müsste es aber die Freiheit geben, ob man über die Basisabsicherung hinaus zusätzliche Absicherung wählen möchte.»

Leitplanken für gerechte Lösung

Und besteht bei einer solchen Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand und den privaten Versicherern nicht die Gefahr, dass der Staat auf den Kosten sitzen bleibt, während die Privaten die Gewinne einstreichen? Schmeiser sagt dazu: «Das Risiko besteht fraglos immer. Das liegt wahrscheinlich in unserer Anreizstruktur auf allen Gebieten. Ich bin da schon optimistisch, aber es wird nur mit gewissen Leitplanken klappen.»

Ich bin optimistisch, aber es wird nur mit gewissen Leitplanken klappen.
Autor: Hato Schmeiser Leiter des Instituts für Versicherungswesen, Universität St. Gallen

So müssten die Versicherungen laut Schmeiser die Lösungen auch allen Interessierten anbieten, und die Preise für Prämien müssten wohl vereinheitlicht werden. Eine gemeinsame Lösung habe aber den Vorteil, dass der Staat von der Expertise der Versicherungen profitieren würde und die Entschädigungsgelder wohl schneller und gerechter verteilt würden.

Wird die Schweizer Wirtschaft in der nächsten Pandemie versichert sein? Der Bundesrat äussert sich voraussichtlich im Frühling dazu. Falls eine Verfassungsänderung nötig wird, wäre es allerdings hilfreich, wenn die nächste Pandemie noch ein paar Jahre auf sich warten liesse.

Echo der Zeit, 04.03.2021, 18:00 Uhr

Meistgelesene Artikel