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Reaktionen auf US-Zölle Anstelle von Gegenzöllen: Was die Schweiz jetzt tun könnte

Im Handelskonflikt mit den USA will die Schweizer Regierung weiterhin auf Verhandlungen setzen. Harte Massnahmen wie etwa Gegenzölle sind derzeit nicht vorgesehen. Nichtsdestotrotz haben Expertinnen und Experten Ideen eingebracht, wie die Schweiz zusätzlich zu den Gesprächen auf den hohen Zollsatz reagieren könnte. Ein Überblick über die wichtigsten Vorschläge:

1. Exporthilfen

Der Bund könnte den Zollbetrag für Schweizer Unternehmen, die in die USA exportieren, ganz oder teilweise übernehmen. So könnten Schweizer Produkte trotz des Zollhammers konkurrenzfähig bleiben. Solche sogenannten Exportsubventionen sind eigentlich im Rechtsrahmen der Welthandelsorganisation WTO nicht erlaubt, die Schweiz hat sie deshalb weitgehend abgeschafft.

Schweizer und US-Flagge im Wind vor blauem Himmel.
Legende: Hält ein «befristetes Beihilfeprogramm» die Schweizer Exporte über Wasser? KEYSTONE / Christian Beutler

Nun bringt etwa der Chocolatier Daniel Bloch solche Exporthilfen wieder ins Spiel; auch der Berner Handelsjurist Thomas Cottier nannte bereits im April «ein befristetes Beihilfeprogramm des Bundes» als mögliche Ausgleichsmassnahme zu den US-Zöllen. Solche Exporthilfen wären voraussichtlich schnell umsetzbar; offen bleibt aber die rechtliche Frage.

2. Anfechtung der US-Zollpolitik vor der WTO

Die WTO mit Sitz in Genf ist eigentlich zuständig für die Schlichtung von Handelsstreits, ist jedoch seit längerem blockiert. Trotzdem raten Experten, wie etwa der Handelsjurist Thomas Cottier, der Schweizer Regierung, die USA bei der WTO zu verklagen. Denn eine Rechtsverletzung kann die Organisation nach wie vor feststellen.

Dies wäre gemäss Cottier nicht nur symbolisch wichtig, sondern würde auch den Fokus auf die Regelverletzung durch die USA legen – und würde eine Ausgangslage schaffen für eigentlich verbotene Gegenmassnahmen wie etwa Exportsubventionen.

Die Schweiz ganz allein

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Der Handelsrechtler Thomas Cottier hat die Schweiz bereits im April in einem Papier aufgefordert, sich im Zollstreit mit den USA mit anderen Staaten zu verbünden: «Die EU und gleichgesinnte betroffene demokratische Staaten müssen sich daher in Genf zu einer Allianz finden und das weitere Vorgehen gegenüber den USA koordinieren.» In einer Allianz könne man Druck auf die USA ausüben, wieder zum WTO-Rechtsrahmen zurückzukehren. Zudem käme dann das Machtgefälle zwischen der Schweiz und den USA nicht so stark zum Tragen. Eine solche Allianz ist nicht zustande gekommen. Zum Nachteil der Schweiz, wie jüngst auch Ökonom Hans Gersbach in einem Interview festgestellt hat: «Jetzt ist es dafür zu spät, die anderen haben schon ihre Deals abgeschlossen. Die Schweiz muss das jetzt allein lösen.»

3. Den Handelsbilanzüberschuss mit den USA abbauen

Die Schweiz verzeichnete 2024 gegenüber den USA einen Handelsbilanzüberschuss im Warenhandel – Dienstleistungen nicht mitgerechnet – von knapp 40 Milliarden Dollar. Dieses Defizit ist das Hauptargument von US-Präsident Donald Trump für den hohen Schweizer Zollsatz. Hans Gersbach, Wirtschaftsprofessor an der ETH Zürich, schlägt deshalb vor, Trump anzubieten, diesen Überschuss bis zum Ende seiner Amtszeit abzubauen, um dadurch tiefere Zölle zu erreichen.

Der wichtigste Hebel: Die Schweiz solle darauf achten, ein Defizit im Goldhandel mit den USA zu erreichen. Das heisst, bei den Goldexporten müssten Schweizer Händler möglicherweise auf andere Märkte als die USA ausweichen. Das soll völlig freiwillig geschehen, aber mit Hilfe staatlicher Koordinierung und im Notfall durch staatliche Hilfskäufe. Gemäss Gersbach lasse sich der Goldhandel relativ einfach koordinieren, habe aber eine vergleichsweise grosse Wirkung.

Weiter solle die Schweiz bestehende Pläne für gewisse US-Importe umsetzen, etwa bei Rindfleisch oder zivilen Flugzeugen. Auch könnte das Land stärker als bisher darauf achten, exportierte Dienstleistungen als solche auszuweisen. Der grösste Teil des Überschusses wird sich laut Gersbach ohnehin automatisch reduzieren – durch die Zölle, die kommen werden, aber auch durch Verlagerung etwa der Pharmaproduktion in die USA oder Europa. Die Schweiz könne Trump deshalb versprechen, dass der Überschuss künftig deutlich kleiner werde. «Wir haben dazu Analysen gemacht und diese ergeben einen deutlichen Spielraum», so Gersbach gegenüber SRF.

Echo der Zeit, 13.08.2025, 18 Uhr; noes

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