Die US-Zölle liegen der Schweiz im Nacken. US-Präsident Donald Trump hat auch die Pharmabranche im Visier und erhöht den Druck. Insbesondere der Schweiz wirft er vor, mit Pharmaprodukten ein Vermögen zu machen. SRF-Wirtschaftsredaktorin Lucia Theiler erklärt, warum die Pharmabranche in der Schweiz derart stark geworden ist.
Wie ist die Stimmung in der Pharmabranche?
Man ist überhaupt nicht entspannt – und zwar aus verschiedenen Gründen: Erstens weiss man noch nicht, was kommt. In der EU beispielsweise haben die Pharmaprodukte Zölle. Zweitens hat Trump von 17 verschiedenen Pharmafirmen gefordert, dass sie in den USA die Preise senken müssen. Auch die beiden grossen Pharmaunternehmen Roche und Novartis bekamen einen solchen Brief. Trump doppelte dann sogar noch nach und sagte, dass wenn sie das nicht täten, könnte es Zölle von bis zu 250 Prozent geben – eine ziemliche Drohung. Und drittens: Die Pharma sieht sich als Teil der Schweizer Wirtschaft und 39 Prozent Zölle sind für viele eine Belastung und daher keine gute Nachricht.
Was waren die Ursprünge der Schweizer Pharma?
Der Ursprung liegt in der Chemie, konkret im Farbstoff, den man für den Textil- und Seidenhandel brauchte. Der Standort Basel war damals schon wichtig – wegen des Rheins als Transportweg und als Abwasserkanal. Das klingt heute komisch, war aber früher normal. Auch die Nähe zu Frankreich und Deutschland war damals bereits aufgrund von Arbeitskräften und Kunden ausschlaggebend. Die Chemieunternehmen von damals entdeckten dann, dass sie ihr Wissen auch für Medikamente nutzen konnten. Roche, heute ein internationaler Grosskonzern, begann zum Beispiel mit der synthetischen Herstellung von Vitamin C und Hustensaft. Auch andere Firmen begannen daraufhin immer mehr im Bereich Medikamente zu forschen und wurden so international gross.
Wie hat sich die Pharma für die Schweiz zu einer wichtigen Branche entwickelt?
Da gibt es verschiedene Einflüsse. Eine wichtige Rolle spielten von Anfang an die Patente. Die Pharmafirmen profitierten zuerst – also vor weit über 100 Jahren – davon, dass es in der Schweiz keinen Patentschutz gab. Später profitierten sie davon, dass es einen gab. Bis heute sind Patente wichtig für die Branche. Sie schützen sowohl die Erfindungen der Medikamente als auch die Forschung. In diesem Zusammenhang ist auch die Nähe zu den Hochschulen in der Schweiz wichtig, wo ebenfalls geforscht wird. Weiter wurde die Pharma auch deshalb so gross, weil sich neben den internationalen Grosskonzernen immer mehr auch kleinere KMU und Zulieferfirmen etabliert haben. Und nicht zuletzt hat die Pharma auch Lobbyisten. National und international ist die Branche gut vernetzt.
Welche Rolle spielt die Pharma künftig in der Schweiz?
Das ist nicht in Stein gemeisselt. In den letzten 100 Jahren hat es grosse Veränderungen gegeben – auch in der Schweizer Wirtschaft. Die Textilbranche zum Beispiel war einmal eine sehr starke Branche. Heute ist das eine Nische. Die Pharma steht momentan unter Druck, aber nicht nur wegen der neuen Zolldiskussionen. Sondern auch wegen der Diskussionen um die Medikamentenpreise in der Schweiz und um die Rahmenbedingungen mit der EU. Sie will natürlich ihre Rolle behalten und auch die Fäden nicht aus der Hand geben. Aber was sie konkret verhandelt und mit wem: Da lässt sie sich nicht zu sehr in die Karten schauen. Das läuft, wenn überhaupt, diskret im Hintergrund.