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Tourismuskrise wegen Corona «Der Interkontinental-Tourismus wird kaum vor 2021 starten»

Mit Marketingkampagnen im Wert von mehr als 50 Millionen Franken will Schweiz Tourismus nach der internationalen Corona-Krise möglichst rasch wieder Feriengäste in die Schweiz locken. Dass diese Bemühungen schnellen Erfolg zeigen werden, bezweifelt Tourismus-Professor Christian Lässer.

Christian Lässer

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Christian Lässer ist Professor für Tourismus und Dienstleistungsmanagement an der Universität St. Gallen.

SRF News: Die Schweiz ist ein Hochpreisland auch für den Tourismus. Wer kann sich in Zeiten einer absehbaren globalen Wirtschaftskrise die teure Schweiz überhaupt noch leisten?

Christian Lässer: Das hohe Preisniveau in der Schweiz hatte schon in der Vergangenheit eine Selektion bei den Feriengästen aus dem Ausland zur Folge. Es ist oft eine Ober- und obere Mittelschicht, die ihre Ferien in der Schweiz verbringt. Diese Leute haben Reserven und sind oft in Positionen, in denen sie von der Corona-Krise nicht so stark betroffen sind. Aus diesem Segment kann nach der Krise – und teilweise sogar noch während der Krise – durchaus wieder eine Nachfrage nach Ferien in der Schweiz entstehen.

Schweiz Tourismus rechnet im Herbst wieder mit Gästen aus den USA. Schon vorher könnten zudem wieder Chinesen in die Schweiz reisen. Wie realistisch ist das?

Das ist wenig wahrscheinlich. Bevor wieder Gäste aus Übersee in die Schweiz reisen können, müssen zuerst die Flugverbindungen wiederaufgenommen werden. Das wird nicht von einem Tag auf den anderen möglich sein, sondern sehr vorsichtig vonstattengehen. Als Folge davon könnten in einer ersten Phase auch die Flugpreise höher sein als vor der Krise.

Die Flugpreise könnten höher sein als vor der Virus-Krise.

Einen Einfluss haben wird auch die Frage, wie es um die Bewegungsfreiheit stehen wird: Die Pandemie-Abstandsregeln dürften bis weit ins nächste Jahr oder sogar noch länger beibehalten werden – was es entsprechend erschwert, acht Stunden in einem Flugzeug zu sitzen. Ausserdem wird es vielleicht eine Maskenpflicht geben oder weitere Massnahmen. Die vielen Unwägbarkeiten lassen mich daran zweifeln, dass der Interkontinental-Tourismus vor 2021 starten wird.

Der Tourismus muss mit mindestens 20 bis 30 Prozent Umsatzrückgang rechnen.

Das heisst: Ein Jahr ohne ausländische Touristen in der Schweiz. Was bedeutet das für den Schweizer Tourismus?

Das ist natürlich eine schlechte Nachricht. Der einzige Trost ist, dass die Schweiz schon immer einen starken Binnentourismus hatte. Diesen gilt es jetzt zu aktivieren. Auch Feriengäste aus dem nahen Ausland könnten eine wichtige Rolle spielen, denn sie können auf dem Landweg einreisen. Aber der Interkontinental-Tourismus wird so rasch nicht wiederkommen. Deshalb muss der Schweizer Tourismus in den kommenden zwölf Monaten mit einem Umsatzrückgang von mindestens 20 bis 30 Prozent rechnen.

Das Gespräch führte Denise Joder-Schmutz.

«SRF 4 News aktuell» 16.04.2020, 06:12 Uhr ; 

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