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Unsicherheit im Welthandel Peter Voser über US-Zölle: «Trump übertrifft sich gerade selbst»

Die Weltwirtschaft wird gerade regelrecht durchgeschüttelt. Nicht nur, aber auch für Schweizer Unternehmen ist Vorausplanen derzeit schwierig – insbesondere wenn es um das Geschäft in den USA geht. Einer, der viel Erfahrung mit Krisen und US-Regierungen hat, ist Peter Voser, früher Chef des Erdölkonzerns Shell und seit zehn Jahren Verwaltungsratspräsident des Technologiekonzerns ABB.

Peter Voser

VR-Präsident ABB

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Peter Voser ist seit 2015 Verwaltungsratspräsident des Schweizer Industriekonzerns ABB. Auch bei Roche und UBS sass er bis 2019 im Verwaltungsrat. Zudem war er von 2004 bis 2013 in leitenden Positionen bei Shell, zuerst als Finanzchef, schliesslich als Konzernchef.

SRF News: Sie kommen direkt aus Brüssel und reisen nächste Woche in die USA. Da geht es wohl immer um Zölle?

Peter Voser: Tatsächlich ist das ein dominantes Thema. Ich mache es so in den Verwaltungsräten, die ich führe: Wir sprechen jeweils am Anfang fünf Minuten über Trump – und dann wenden wir unser der normalen Agenda zu, weil sonst dominiert dies ganze Meetings.

Aber Trump dominiert wahrscheinlich auch die normale Agenda, weil man nicht weiss, wie es weitergeht mit den Zöllen.

Ich versuche, die Diskussion aus dem geopolitischen Feld herauszunehmen und mehr auf das Operationell-Strategische herunterzubrechen.

Ja, das stimmt schon. Aber wir rechnen einmal und dann versuchen wir, nicht kurzfristig auf alles zu reagieren, sondern unsere mittel- und langfristige Strategie im Kopf zu behalten und einfach ab und zu zu justieren. Indem wir beispielsweise die Wertschöpfungskette neu planen oder gewisse Produkte aus einem anderen Land in die USA bringen. Ich versuche, die Diskussion aus dem geopolitischen Feld herauszunehmen und mehr auf das Operationell-Strategische herunterzubrechen.

Im Moment bezahlen Sie 10 Prozent Zoll auf Produkte aus der Schweiz, möglicherweise sind es nach der Pause wieder 31 Prozent oder vielleicht null, wenn die Schweizer Politik erfolgreich ist. Wie gehen Sie damit um?

ABB hat ein Geschäftsmodell, das sehr stark lokal geprägt ist: Was wir lokal verkaufen, produzieren wir lokal, nicht zu 100 Prozent, aber in den USA zu 75 bis 80 Prozent. Das heisst, nur bei einem Teil der Produkte treffen uns die Zölle. Aktuell geben wir die Zusatzkosten an unsere Kunden weiter. Das sind ja meistens Industriekunden und diese geben die Kosten dann an ihre Konsumenten weiter. Das funktioniert bei 10-Prozent-Zöllen. Bei 30 Prozent würde es dann etwas schwieriger, aber ich glaube nicht, dass die Zölle am Schluss so hoch sein werden.

Die USA sind der wichtigste Absatzmarkt für ABB. Fast ein Drittel des Umsatzes und viel Wachstum in den letzten Jahren ist von dort gekommen. Das ist doch jetzt vorbei?

Nein, das ist nicht so. Wenn Sie unsere letzten Quartalszahlen anschauen, dann ist das Wachstum immer noch sehr hoch in Amerika. Über die letzten paar Jahre haben wir viel verkauft in den USA. Wir haben Kapazitäten ausbauen müssen, um alles liefern zu können.

Aktuell bin ich recht zuversichtlich, dass wir nicht in eine grosse Rezession hineinlaufen werden in den USA.

Natürlich sind die Zölle erst im April hinzugekommen. Wir müssen schauen, wie sich das entwickelt. Aber aktuell bin ich recht zuversichtlich, dass wir nicht in eine grosse Rezession hineinlaufen werden in den USA.

Sie haben schon manchen US-Präsidenten miterlebt. Haben Sie so etwas wie die aktuelle Politik von Trump schon einmal erlebt?

Das ist schon ziemlich einmalig. Trump übertrifft sich gerade selbst. Das ist auch für uns ein Schock gewesen, allerdings haben auch Firmenchefs und Verwaltungsrats­präsidenten in den USA das so nicht erwartet.

Gehen Sie davon aus, dass sich das bald wieder legt? In den letzten 100 Tagen hat die US-Regierung immer wieder überrascht.

Wir können mit negativen und positiven Entwicklungen umgehen. Gefährlich für die Wirtschaft wird es aber, wenn wir nicht wissen, was läuft. Ich gehe aber nicht davon aus, dass wir in diesem unsicheren Bereich bleiben für die nächsten vier Jahre. Da wird es mit der Zeit mehr Klarheit geben.

Das Gespräch führte Klaus Ammann.

Samstagsrundschau, 10.5.2025, 11:30 Uhr ; 

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