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Lobbying der Pharmariesen in den USA
Aus 10 vor 10 vom 04.02.2021.
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US-Präsidentenwechsel Spenden und viel Lobbying von Roche und Novartis

In den USA gibt es viel zu gewinnen. Gute Bedingungen für Forschung und Entwicklung und vor allem hohe Margen machen das Land zum attraktivsten Pharmamarkt. Ein Grund: Während praktisch überall auf der Welt Medikamentenpreise reguliert sind, ist das in den USA nicht der Fall. Die Firmen können sie selber aushandeln. Die Folge: Die Preise sind im Schnitt 50 Prozent höher als in anderen Industrieländern.

Zwei Kuchengrafiken
Legende: Für Novartis und Roche sind die USA der wichtigste Markt. SRF

Auch Roche und Novartis profitieren davon. Die USA sind für sie der grösste Markt. Novartis erzielt dort 37 Prozent des Umsatzes (ohne Nachahmerprodukte) mit 16'000 Angestellten. Bei Roche sind es gar 53 Prozent des Pharma-Umsatzes sowie 26'000 Angestellte – und so jeder vierte des Konzerns.

Roche zahlt rund zehn Millionen für Lobbying

Der Druck der Politik und Öffentlichkeit, die hohen Preise zu senken, wird aber immer grösser. Die Konzerne unternehmen darum viel, dass die USA lukrativ bleiben. Gemäss der Transparenz-Plattform Open Secrets beschäftigte Roche letztes Jahr rund 100 Lobbyisten in den USA und liess sich dies rund zehn Millionen Dollar kosten – doppelt so viel wie vor fünf Jahren.

«Das US-Gesundheitswesen ist extrem komplex und es gibt viele Interessensgruppen», sagt Roche-Chef Severin Schwan gegenüber SRF. «Wir wollen unsere Interessen wahren können.» Aufgrund der Grösse des Landes würden sich die Zahlen zudem relativieren.

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Legende: Roche beschäftigte 2020 rund 100 Lobbyisten in den USA. SRF

Ähnlich klingt es bei Novartis: «Wir stehen mit der Politik im Dialog zu Themen, die für unsere Branche von Bedeutung sind. Wir sind sehr an der Zusammenarbeit mit Gesetzgebern interessiert, um eine erschwinglichere und patientenorientiertere Gesundheitsversorgung zu gestalten.»

Novartis lässt sich das Lobbying gut sechs Millionen Dollar kosten. Die Basler sind dabei in guter Gesellschaft. Pfizer und Amgen investieren gar leicht mehr als Roche. Insgesamt setzten Pharmafirmen 2020 gut 300 Millionen Dollar für das Lobbying in den USA ein.

Viel Spenden für die Demokraten

Damit wollen sie Politiker für die eigene Sache gewinnen und im besten Fall den Präsidenten. Auch darum wird im US-Wahlkampf jeweils viel an Parteien und Kandidaten gespendet. Firmen ist dies zwar verboten, nicht aber Mitarbeitenden und speziellen Organisationen (sogenannte PACs).

Zwei Kuchengrafiken
Legende: Angestellte von Novartis und Roche spendeten so viel wie nie. SRF

Gemäss Open Secrets beliefen sich so Spenden aus dem Umfeld von Novartis auf 1.1 Millionen Dollar und aus jenem vom Roche auf 2.4 Millionen – so viel wie noch nie. Je über 70 Prozent davon flossen zu den Demokraten und Joe Biden – auch das ein Rekord: Noch nie war der Anteil der Republikaner so tief wie nun mit Donald Trump.

Hohe Medikamentenpreise in den USA

Box aufklappen Box zuklappen

Nirgends auf der Welt sind die Medikamente so teuer wie in den USA. Das stösst bei vielen sauer auf. So wollte etwa Donald Trump die Preise senken und machte das den Pharmachef bei einem Treffen direkt nach seinem Antritt Ende Januar 2017 klar. Doch geschehen ist praktisch nichts. «Donald Trump hat viel gedroht. Wirklich unternommen hat er aber letztendlich nichts. Im Gegenteil: Er hat die Regulierungen für Pharmafirmen gesenkt, sodass diese nun etwa Medikamente schneller auf den Markt bringen können», sagt SRF-Börsenkorrespondent Jens Korte.

Auch Teile des US-Kongresses wollen etwas ändern. So machte ein Ausschuss letzten Herbst publik, dass Novartis in 22 Erhöhungsschritten innert 17 Jahren den Preis für das Krebsmittel Glivec von 25'000 auf 123'000 Dollar erhöht hatte. Novartis erwidert gegenüber SRF, der Preis für Glivec sei seit 2015 nicht mehr erhöht und das Krebsmittel oft günstiger als der Listenpreis abgegeben worden. Letzteres gelte für viele Medikamente.

Das sagt auch Roche-Chef Severin Schwan. Er fügt an: «Preiserhöhungen bei Roche waren immer sehr moderat. Und wenn die Medikamente die Patente verlieren, sinken die Preise massiv.»

Was sich nun unter dem neuen Präsidenten ändert, ist unklar. «Es ist noch zu früh, um das zu beurteilen, denn die Regierung Biden hat viele Prioritäten», sagt Novartis-Chef Vas Narasimham gegenüber SRF. «Wir erwarten, dass die Diskussionen über die notwendigen Reformen weitergehen.» Das dürfte frühestens in der zweiten Hälfte dieses Jahres oder sogar erst im nächsten Jahr der Fall sein.

Reformen gefordert

Auch Roche-Chef Schwan erhofft sich eine Reform: «Die grösste Schwäche des US-Gesundheitssystems ist, dass viele Patienten nicht versichert oder unterversichert sind und so keinen Zugang zu Gesundheitsleistungen haben.» Das müsse geändert werden.

Beide Chefs gehen zudem davon aus, dass der Druck auf die Branche weiter steigen dürfte, Lösungen bei den Medikamentenpreisen zu finden. Aber auch hier werden die Pharmafirmen sicher versuchen, allfällige Änderungen mit Lobbying zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Es gibt im lukrativen US-Pharmamarkt eben auch viel zu verlieren.

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