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Vorwurf kultureller Aneignung Adidas tritt mit traditionellen Sandalen ins Fettnäpfchen

Der deutsche Sportartikelhersteller liess sich vom Schuhwerk indigener Völker inspirieren. Nun ist ganz Mexiko in Aufruhr.

Wenn es um den Vorwurf kultureller Aneignung geht, kochen die Emotionen hoch. Das zeigte sich vor drei Jahren in einer Berner Quartierbeiz. Damals störten sich Gäste am Auftritt der weissen Reggae-Band «Lauwarm». Prompt wurde das Konzert abgebrochen – und eine mit Furor geführte Debatte losgetreten, die die Schweiz in Atem hielt.

In diesen Tagen erreicht der Streit um kulturelle Aneignung auch in Mexiko seinen Siedepunkt. Allerdings unter anderen Vorzeichen: Denn dort beklagen Indigene, dass internationale Konzerne mit ihrem kulturellen Erbe Kasse machen.

Mexikos Präsidentin fordert Entschädigung

Konkret werfen sie dem deutschen Sportartikelhersteller Adidas vor, sich beim Design seiner neuen Sneaker-Sandalen charakteristischer Elemente der «Huaraches» bedient zu haben, einem traditionellen indigenen Schuhwerk. Seit dem Verkaufsstart der Sandalen gab es einen Sturm der Entrüstung in Mexiko – der mittlerweile auch die Politik erreicht hat.

Mexikos Präsidentin Sheinbaum an der Medienkonferenz.
Legende: Die Sandalen tragen einen mexikanischen Bundesstaat im Namen: «Oaxaca Slip-on». Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum echauffierte sich an einer Medienkonferenz über die «kulturelle Aneignung». Imago / aai.photo / Luis Barron

Vor wenigen Tagen schaltete sich die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum in die Debatte ein. Auf einer Medienkonferenz erklärte sie, Grosskonzerne würden sich schamlos der Innovationen und Designs der indigenen Gemeinschaften Mexikos bedienen. «Wir müssen eine solche kulturelle Aneignung verhindern», sagte Sheinbaum – und forderte eine Entschädigung von Adidas.

Regierung kämpft gegen Plagiate

Die mexikanische Regierung hat sich schon länger den Kampf gegen den Missbrauch des geistigen Eigentums auf die Fahne geschrieben.

Huaraches
Legende: Das Flechtmuster und die Lederriemen der Adidas-Sandalen lehnen sich offenkundig an die «Huaraches» an. Imago / Dreamstime

In Mexiko gibt es seit 2022 ein Gesetz gegen die kulturelle Aneignung. Schon häufiger sollen internationale Modefirmen Muster von indigener Handwerkskunst aus Mexiko kopiert haben. Klagen gab es bereits gegen Shein aus China und Zara aus Spanien.

Designer entschuldigt sich – Adidas will «Schaden reparieren»

Das Ministerium für Kultur und Kunst von Oaxaca teilte mit, dass die unerlaubte Übernahme kultureller Elemente indigener Völker zu kommerziellen Zwecken eine «Verletzung ihrer kollektiven Rechte» darstelle. Das Ministerium fordert nun einen Verkaufsstopp der Sandalen.

Entworfen wurden die Sandalen vom US-Designer Willy Chavarria, der selbst mexikanische Wurzeln hat. Nach den Plagiatsvorwürfen drückte er sein Bedauern darüber aus, das Design der «Oaxaca Slip-ons» «nicht in direkter und bedeutsamer Zusammenarbeit» mit der indigenen Gemeinschaft entwickelt zu haben. Für diese ist das traditionelle Handwerk eine wichtige Einnahmequelle und schafft Hunderttausende Arbeitsplätze.

Adidas hat sich inzwischen zu einem Treffen mit mexikanischen Behördenvertretern bereit erklärt. «Wir schätzen den kulturellen Reichtum der indigenen Völker Mexikos zutiefst», teilt der bayerische Konzern mit. Nun wolle man mit den lokalen Behörden eruieren, wie man den Schaden reparieren könne.

SRF 3 Wirtschaft, 11.8.2025, 11:40 Uhr ; 

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