«Es ist crazy – alles wird teurer: Gemüse, Fleisch, Glas, Wein oder auch Reinigungsmittel», sagt Gastronom Florian Weber. Er führt zusammen mit Michel Péclard die Zürcher Pumpstation Gastro GmbH. Wegen gestiegener Rohstoff- und Energiepreise haben sie die Verkaufspreise in ihren 14 Lokalen um durchschnittlich sechs Prozent erhöht.
Gemüse koste selbst dann mehr, wenn es aus der Schweiz stamme. Dünger, der auch aus der Ukraine stamme, sei um bis zu 70 Prozent teurer geworden, zitiert Weber seinen Lieferanten. «Oft kriegt er den Dünger gar nicht, was zu grossen Ernteausfällen führt.» Sein Gemüselieferant sage, es gäbe bei den Preisen nur eine Richtung: steil nach oben.
Mehrere Auslöser für teure Ware
Grund dafür sei wohl nicht nur der Krieg in der Ukraine, sagt Florian Weber, sondern eine Kombination von Faktoren: «Corona ist noch nicht vorbei, China ist noch immer zu. Wir kriegen deshalb die Ware nicht oder nur zu massiv erhöhten Preisen.»
Ich weiss nicht, wie jemand überlebt, der die Preise nicht erhöht.
Péclard und Weber sagen, sie bezahlten im Einkauf durchschnittlich 10 Prozent mehr an ihre Lieferanten. Sie geben damit nicht alle Preiserhöhungen an die Konsumenten weiter. Die Gewinnmargen in der Gastronomie seien mit 0.5 Prozent sehr tief, so Péclard: «Ich weiss nicht, wie jemand überlebt, der die Preise nicht erhöht.»
Er könne die Preise dereinst auch wieder senken. Vorläufig deute aber vieles auf das Gegenteil hin. Angesichts der aktuellen Lage drohten im Sommer weitere Preiserhöhungen.
Gewisse Lieferanten nutzen Lage aus
Preiserhöhungen für Kunden seien kaum zu verhindern, sagt auch Aurèle Meyer, Geschäftsführer der Brauerei Locher. Beschlossen sei zwar noch nichts, aber er rechnet damit, dass sein Appenzeller Bier in den nächsten Monaten um 5 bis 10 Prozent teurer werden könnte.
Die Brauerei ist eines von vielen Unternehmen, das die steigenden Rohstoff- und vor allem die Energiepreise direkt zu spüren bekommt. Sie benötigt für den Betrieb viel Erdöl und -gas.
«Alle sitzen im selben Boot», so Meyer. Er meint auch Lieferanten, die ihm Rohstoffe wie Gerste, aber auch Verpackungsmaterial wie Glas liefern.
«Es gibt gewisse Lieferanten bei uns, die versuchen, die Situation zu missbrauchen», sagt Meyer, ohne Namen zu nennen. Nicht jeder Anstieg sei durch die Krise begründbar. Man verhandle deshalb intensiv. «Es gibt auch gewisse Lieferanten, von denen man sich trennt.»
Lieferanten, welche die Situation ausnutzen und die Preise übermässig erhöhen, seien allerdings nicht Haupttreiber der Inflation, sagt Jan-Egbert Sturm, Leiter der Konjunktur-Forschungsstelle der ETH.
Dort, wo der Wettbewerb spiele, sei ein solches Vorgehen nicht möglich. «Wenn die Konsumentinnen und Konsumenten die Möglichkeit haben, auszuweichen, ist es für ein Unternehmen relativ schwierig, die Preise unberechtigt zu erhöhen.»
Auch Nestlé erhöht die Preise
Die Schweiz steht mit einer Teuerung von 2.4 Prozent im März gegenüber dem Vorjahresmonat vergleichsweise gut da. Im Euroraum stiegen die Preise im selben Zeitraum um 7.4 Prozent, in den USA sogar um 8.5 Prozent. Dort war der Preisanstieg zuletzt so hoch wie seit 1981 nicht mehr.
Wir versuchen, punkto Preise so verantwortlich wie möglich zu sein.
Das ist der Grund, weshalb auch der Schweizer Nahrungsmittel-Riese Nestlé seine Verkaufspreise im ersten Quartal des Jahres weltweit um 5.2 Prozent erhöht hat. Und das Unternehmen will die Preise wegen anziehender Kosten für Rohstoffe und Logistik weiter anheben.
«Wir versuchen, punkto Preise so verantwortlich wie möglich zu sein», sagt Nestlé-Konzernchef Mark Schneider. Aber angesichts der steigenden Kosten müsse sein Unternehmen handeln. Die Konsumenten zeigten generell Verständnis dafür.