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Wegovy, Ozempic und Co. Geschäft mit Abnehmspritzen: Der Hype ist erst der Anfang

Pharmafirmen kämpfen derzeit um die Vormachtstellung in den lukrativsten Märkten der Zukunft: Es geht um Übergewicht und Suchtkrankheiten. Eine Übersicht über die neusten Entwicklungen.

Darum geht es: Derzeit dominieren die beiden Pharmaunternehmen Eli Lilly aus den USA und die dänische Novo Nordisk den Markt für Abnehmmedikamente. Sie beide haben neuartige, rezeptpflichtige Spritzen gegen Adipositas entwickelt. Die Wirkstoffe darin nennen sie Semaglutid (Novo Nordisk) und Tirzepatid (Eli Lilly). Letzterer gilt gemäss neuester Studien als wirkungsvoller. Das heisst, Adipositas-Betroffene sollen damit mehr Gewicht verlieren.

SRF-Podcastserie: «Die Spritze – zwischen Hype und Hoffnung»

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Spritze Grafik mit Massband
Legende: SRF

In der neuen Serie des Podcasts «News Plus Hintergründe» wird der Hype um die Abnehmspritze in seine Einzelteile zerlegt. Betroffene erzählen von ihren Erfahrungen und Fachleute erläutern, was die Medikamente für wirtschaftliche und gesellschaftliche Auswirkungen haben. Denn die Spritze ist erst der Anfang.

Hunger-Hemmer, aber nicht nur: Die Wirkstoffe in den neuen Medikamenten wirken hemmend auf das Hunger- und Sättigungsgefühl. Wissenschaftliche Untersuchungen weisen allerdings darauf hin, dass damit auch der Drang nach Alkohol, Zigaretten und weiteren Suchtmitteln nachlässt. Dies, weil die Substanzen im Belohnungszentrum des Gehirns wirken. Darum forschen Firmen auch an solchen Medikamenten. David Ricks, CEO von Eli Lilly, erzählte bereits in einem Podcast von der Hoffnung, Medikamente zu finden, die Drogensucht lindern. Das sei auch Teil der Forschung.

Ein Glas Rotwein und ein Glas Weisswein auf einem Tisch.
Legende: Forscher untersuchen aktuell auch, ob der Drang nach Alkohol durch Medikamente gestoppt werden könnte. Keystone / BARBARA GINDL

Wirkstoff gegen Alkoholkonsum: Es gibt bereits mehrere Studien zum Thema Alkohol und dem Hormon GLP1 (siehe Box unten). Eine Studie, die an der University of North Carolina Chapel Hill School of Medicine gemacht wurde, zeigt beispielsweise, dass das Verlangen nach Alkohol durch den Wirkstoff Semaglutid deutlich zurückgehen kann. Getestet wurde dies an 48 Erwachsenen, die in zwei Gruppen aufgeteilt wurden, wobei der einen Gruppe ein Placebo verabreicht wurde. Die Probanden, die Semaglutid bekamen, tranken während neun Wochen deutlich weniger pro Tag. Die Ergebnisse wurden im Februar veröffentlicht. Die Autorinnen und Autoren betonen, es brauche weiterführende Studien in grösseren Gruppen.

Das ist GLP1

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GLP1 ist ein Hormon, das nach dem Essen im Darm freigesetzt wird. Es signalisiert dem Darm und dem Gehirn, dass wir satt sind. Es wirkt auf Insulin, den Blutzucker, das Sättigungsgefühl und reduziert den Appetit. Die GLP1-Wirkstoffe imitieren dieses natürliche Darmhormon.

Diese Wirkstoffe haben «Fantasienamen», die sich die Pharmafirmen ausgedacht haben (Semaglutid, Tirzepatid). Die «fertigen» Medikamente, in denen diese Wirkstoffe drin sind, haben nochmals andere Namen (Wegovy, Mounjaro). Es sind rezeptpflichtige Medikamente.

Geringeres Risiko von Alzheimer: Eine Studie vom vergangenen Oktober deutet darauf hin, dass Semaglutid das Alzheimer-Risiko reduziert. Die Studie wurde im US-Fachmagazin «Alzheimer's & Dementia» veröffentlicht. Für die Studien wurden Gesundheitsdaten von rund 116 Millionen Patientinnen und Patienten mit Diabetes ausgewertet. Es gibt auch Tierstudien, die ein vermindertes Risiko vermuten lassen. Weiter zitieren Medien oft eine Studie, die am Alzheimer-Kongress 2024 in Philadelphia vorgestellt wurde. Demnach soll ein Vorläufer von Semaglutid die Alzheimer-Krankheit verlangsamt haben. Diese Studie wurde bereits 2019 abgeschlossen. Ihre Aussagekraft wird von Fachleuten aber angezweifelt.

Pillen statt Spritzen: Für viele Patientinnen und Patienten ist die Spritze ein Problem. Kürzlich hat der US-Konzern Eli Lilly nun eine Pille entwickelt, welche die Spritze ersetzen könnte. Die Pille nennt sich Orforglipron. Sie ist noch nicht zugelassen.

Abnehmmedikament für Kinder: Derzeit sind die Abnehmmedikamente nicht für Kinder unter zwölf Jahren zugelassen. Das könnte sich aber ändern, denn gemäss dem New England Journal of Medicine vom vergangenen September haben Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren positiv auf einen Vorläufer-Wirkstoff von Semaglutid reagiert. Beteiligt an der Studie waren 82 Kinder, die in zwei Gruppen unterteilt wurden. Die eine Gruppe erhielt echte Medikamente, die andere Placebo-Substanzen. Die Placebo-Gruppe verlor nur 1.6 Prozent Gewicht, jene mit dem Wirkstoff 5.8 Prozent.

SRF 4 News, 25.6.2025, 3:33 Uhr;flal;herb

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