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Weniger Lust aufs Reisen Die SBB bekommt das Coronavirus zu spüren

Auch der Güterverkehr leidet. CEO Andreas Meyer rechnet mit Einbussen im zweistelligen Millionenbereich.

Die SBB lässt ihre Züge weiter nach Italien fahren – und auch wieder zurück. Zwar hat der italienische Premierminister Giuseppe Conte am Montag die Schutzzone von der Lombardei auf das ganze Land ausgeweitet. Bewegen darf sich im Land nur noch, wer arbeiten muss oder wer gesundheitliche Gründe geltend machen kann.

Im Verkehr nach Italien haben wir im Moment einen Nachfragerückgang von 90 Prozent.
Autor: Andreas Meyer SBB-CEO

Das gilt aber nicht für den grenzüberschreitenden Bahnverkehr. Die Züge von und nach Mailand und Domodossola fahren wie gewohnt. Nur: Die Kundinnen und Kunden verspüren derzeit wenig Lust, mit der Bahn zu reisen. Das machte Konzernchef Andreas Meyer bei seinem letzten öffentlichen Auftritt an der Bilanzmedienkonferenz deutlich: «Im Verkehr nach Italien haben wir im Moment einen Nachfragerückgang von 90 Prozent, nach Frankreich ging die Nachfrage um 60 Prozent zurück.»

Und auch innerhalb der Schweiz reisen derzeit weniger Menschen mit dem Zug. Im Schnitt beträgt der Nachfragerückgang zehn Prozent. Hinzu kommt der Güterverkehr. Auch dieser kann sich den Auswirkungen des Coronavirus nicht entziehen.

2019: Rekordzahl an Passagieren und unpünktlichere Züge

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Die SBB hat 2019 so viele Billette verkauft und Personen befördert wie noch nie. Zugleich kamen weniger Personenzüge pünktlich an. Trotzdem stieg die Kundenzufriedenheit an. Mit 463 Millionen Franken fiel das Konzernergebnis 18.5 Prozent tiefer aus als 2018.

«In der Summe ein gemischtes Bild»: so beschrieb Meyer am Dienstag vor den Medien in Bern an seiner letzten Bilanzmedienkonferenz als SBB-CEO das Geschäftsjahr 2019. Einerseits sei da ein «unglaublicher Nachfragezuwachs von 5.6 Prozent» im Personenverkehr, andererseits sei es in den Bereichen Sicherheit und Pünktlichkeit weniger gut gelaufen.

Der Virus treffe den Güterverkehr zu einer Zeit, in der das Geschäft von wichtigen Kunden von SBB Cargo ohnehin stottere, sagte Meyer – zum Beispiel in der Autoindustrie: «Dieser Coronavirus wirkt noch einmal verstärkend. Lieferketten werden zunehmend unterbrochen, also werden auch weniger Zulieferungen gebraucht.»

Wir rechnen heute mit Einbussen im zweistelligen Millionenbereich.
Autor: Andreas Meyer SBB-CEO

Weniger Güter und weniger Reisende – das geht für die SBB ins Geld: «Wir rechnen heute mit einem zweistelligen Millionenbetrag, den wir bisher noch verdauen können. Aber die Lage ändert sich täglich. Da eine Prognose zu machen, ist ein Ding der Unmöglichkeit.»

Wichtiger als die finanziellen Einbussen sei in der aktuellen Situation allerdings die Gesundheit der Kundinnen und Kunden. Die SBB hält sich eng an die Empfehlungen des Bundesamts für Gesundheit: Abstand halten zu anderen Personen auf den Perrons, Stosszeiten zu vermeiden und bei Husten und Fieber nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu reisen. Zudem desinfiziert die SBB die Züge, die von und nach Italien verkehren, regelmässig.

Rendez-vous vom 10.3.2020; gfem

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