Zum Inhalt springen

Whatsapp-Alternative Threema, die «Antithese des Silicon Valley-Modells»

Die Schweizer Messenger-App Threema kann sich nicht über mangelndes Interesse beklagen. Die Gründer erklären warum.

Die Schweizer Messenger-App Threema hat seit Anfang Jahr über eine Million neue Nutzerinnen und Nutzer dazugewonnen. Befeuert wurde der Zuwachs durch eine Debatte über WhatsApp. Die drei Gründer von Threema erklären, warum und wie sie sich von WhatsApp unterscheiden.

Manuel Kasper, Martin Blatter, Silvan Engeler

Die Gründer von Threema

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Die drei Software-Entwickler Manuel Kasper, Martin Blatter und Silvan Engeler gründeten 2014 die Threema GmbH in Pfäffikon SZ. Ursprünglich nannten sie die App «End-to-End Encrypted Messaging Application», kurz «EEEMA». Später wurden die drei E durch three (Englisch für drei) ersetzt. 2016 lancierten sie zudem eine Messaging-App für Unternehmen und Behörden. «Threema Work» wird unter anderem von der Schweizer Bundesverwaltung eingesetzt. Heute beschäftigt Threema 30 Angestellte.

SRF News: Was hat diese Debatte über WhatsApp bei euch ausgelöst?

Silvan Engeler: Wenn unsere Mitstreiter Negativschlagzeilen machen, profitieren wir meistens. Unsere täglichen Downloadzahlen haben sich teilweise verzehnfacht. Seit Januar sind eine Million neue Nutzerinnen und Nutzer dazugekommen.

Whatsapp verärgert seine Nutzerinnen

Box aufklappen Box zuklappen

Whatsapp hat Anfang Januar angekündigt, die Nutzungsbedingungen anzupassen. Viele Nutzerinnen und Nutzer befürchteten in der Folge, dass Whatsapp und der Mutterkonzern Facebook noch mehr persönliche Daten austauschen könnten – zu Werbezwecken. Whatsapp hat dies dementiert. Es gelte nach wie vor, dass die App in Europa keine Nutzerdaten mit Facebook teile.

Nach dem Wirbel hat WhatsApp die Frist für die Zustimmung der neuen Nutzungsbedingungen erstreckt. Neu endet diese am 15. Mai 2021. Wer bis dann nicht zustimmt, kann WhatsApp nur noch eingeschränkt nutzen. WhatsApp hat weltweit über zwei Milliarden Nutzerinnen und Nutzer.

Threema gegen Facebook – ein ungleiches Duell. Wollt ihr euch mit dem Tech-Giganten messen?

Engeler: Wir sehen das nicht als Duell, wir wollen ja nicht wie Facebook werden.

Whatsapp verschlüsselt die Chat-Inhalte – genau wie Threema. Was unterscheidet euch?

Martin Blatter: Threema unterscheidet sich von Apps wie WhatsApp vor allem durch den konsequenten Schutz der Privatsphäre. Das Prinzip beschreibt man als Privacy by Design. Das heisst: Wir wollen so wenig wie möglich wissen von unseren Nutzerinnen und Nutzern. Wir wollen nicht wissen, wer mit wem um welche Zeit kommuniziert und wie oft. Solche Beziehungen zwischen Personen sind für Whatsapp und Facebook spannend – aber nicht für uns.

Ihr erhebt also keine sogenannten Metadaten eurer Nutzer. Warum nicht?

Blatter: Wir sehen uns als die klassische Antithese des Silicon-Valley-Modells, also möglichst viele Nutzer mit einer Gratis-App anlocken und sich erst später Gedanken machen, wie man Geld mit den Daten der Nutzer verdienen kann. Wir machen genau das Gegenteil und wählten den klassischen Schweizer Ansatz: Wir verlangen Geld für eine Dienstleistung.

Eure App kostet einmalig drei Franken. Man hat sich aber daran gewöhnt, dass Messenger-Apps gratis sind. Ein Nachteil?

Engeler: Manchmal. Die Leute erwarten, dass sie Apps gratis ausprobieren können. Und dies, obwohl sie häufig ein Smartphone besitzen, welches 1000 oder mehr Franken kostet.

Wie könnt ihr den Schutz der Privatsphäre garantieren?

Blatter: Einerseits ist unsere App open source. Jeder kann sich den Quellcode anschauen. Andererseits betreiben wir unsere eigenen Server in der Schweiz. Wir haben nichts in Clouds gespeichert bei Amazon, Google oder sonst wo.

Im Gegensatz zu anderen Apps kann man Threema anonym nutzen. Das Nutzerkonto muss nicht mit einer Mobilnummer verknüpft werden. Warum ermöglicht ihr das?

Blatter: Wir sind der Meinung, dass es ein Menschenrecht ist, sich anonym mit anderen Menschen auszutauschen.

Was entgegnet ihr Kritikern, die sagen, dass ihr damit Kriminelle deckt?

Blatter: Kriminalität ist ein gesellschaftliches Problem und nicht ein technologisches. Jeder Gegenstand kann missbraucht werden von Kriminellen. Deswegen müssen wir nicht unser Recht auf Privatsphäre aufgeben.

Wohin entwickelt sich die Diskussion rund um den Datenschutz?

Manuel Kasper: Die Gesellschaft muss lernen pragmatisch damit umzugehen – zwischen dem Extrem, alles preiszugeben und dem Extrem, völlig paranoid zu sein.

WhatsApp wurde vor für 19 Milliarden Dollar von Facebook übernommen. Was, wenn euch jemand für solch einen Betrag aufkaufen will?

Kasper: Ich denke nicht, dass jemand so viel Geld bieten würde. Solch ein Unternehmen würde wahrscheinlich Daten von Nutzerinnen und Nutzern wollen, und solche Daten haben wir praktisch keine.

Das Gespräch führte Pirmin Roos.

10 vor 10 vom 18.03.2021 ; 

Meistgelesene Artikel