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Wichtige Wirtschaftsthemen Seco-Chefin: «Ältere Arbeitnehmende werden nicht diskriminiert»

Sie hat sich von der Sekretärin zu einem Topjob hochgearbeitet. Heute dreht sich ihr Job um die Themen, welche die Schweiz beschäftigen: Helene Budliger Artieda, Chefin des Staatssekretariats für Wirtschaft Seco. Im «ECO Talk» spricht sie darüber.

Helene Budliger Artieda

Chefin Staatssekretariat für Wirtschaft Seco

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Von der Sekretärin in die Welt der Diplomatie. Budliger leitet seit August 2022 das Seco mit 820 Angestellten und verwaltet jährlich ein Budget von 1.4 Milliarden Franken. Zuvor hatte sie beim Bund Karriere gemacht. 30 Jahre lang arbeitete sie für die Bundesverwaltung. Ihre Laufbahn fokussierte sich auf das Eidgenössische Amt für auswärtige Angelegenheiten EDA. Dorthin habe sie zuerst ihre Abenteuerlust geführt. Sie war in Nigeria, Kuba und den USA im Einsatz. Später kamen Karriereambitionen dazu. Sie lässt sich zur konsularischen Mitarbeiterin umschulen und absolviert in Bogotà ein Studium in Betriebswirtschaftslehre. Im Jahr 2000 kehrt sie nach Bern zurück und arbeitet sich beim EDA von der Sachbearbeiterin bis zur Finanzchefin hoch. 2008 wird sie zur ersten weiblichen Amtsdirektorin ernannt. 2015 wird Helene Budliger Artieda Schweizer Botschafterin: zuerst in Südafrika, dann in Thailand.

Arbeitsmarkt Schweiz

Da gibt sich die Seco-Chefin vorsichtig optimistisch. Die Arbeitslosigkeit liegt bei tiefen 2.5 Prozent. «Es gibt keine Anzeichen, dass der Arbeitsmarkt schnell drehen könnte», so Budliger.

Dies, obwohl Gross-Firmen wie Migros oder Credit Suisse Entlassungen angekündigt haben. Die leichte Erhöhung der Arbeitslosigkeit im Januar 2024 sei saisonbedingt.

Chancen der Ü-50

Die Zahl der über-50-jährigen Arbeitslosen ist im Januar im Vergleich zum Vorjahresmonat um 5.9 Prozent gestiegen, so das Personalvermittlungsunternehmen Rundstedt. Ein Grund sei der abnehmende Fachkräftemangel.

Jeder von uns kann die Arbeit verlieren. Doch sich dafür zu schämen, ist falsch.
Autor: Helene Budliger Artieda Seco-Chefin

«Ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden nicht diskriminiert», sagt jedoch die Seco-Chefin. Bei den 50- bis 64-Jährigen sei die Zahl der Arbeitslosen nicht höher als bei den Jungen. Und 70 Prozent der Über-55-Jährigen fänden innerhalb eines Jahres wieder Arbeit.

Wichtig sei, dass Arbeitssuchende die Unterstützung der Job-Coaches in den regionalen Arbeitsvermittlungszentren RAV annähmen. «Jeder von uns kann die Arbeit verlieren. Es ist ein bisschen ein Tabuthema. Doch sich dafür zu schämen, ist falsch.»

Wachstum der Schweizer Wirtschaft

«Es gibt eine klare Abschwächung», sagt Budliger. Die Schweizer Wirtschaft wachse in diesem Jahr noch 1.1 Prozent. 2023 betrug das Wachstum 1.3 Prozent.

Wächst die Schweizer Wirtschaft nur wegen der Zuwanderung und nicht, weil wir produktiver sind? Helene Budliger sagt, die Schweiz sei auf Personenfreizügigkeit angewiesen, sie erweitere das Potenzial für Schweizer Firmen. Und sie führe auch zu einer Verjüngung der Wohnbevölkerung. «Im Zeitalter, wo wir in gewissen Regionen der Welt über starke Überalterung reden, ist das auch etwas Positives.»

Freihandelsabkommen mit Indien

Seit 2008 versucht die Schweiz, ein Freihandelsabkommen mit Indien abzuschliessen, dem bevölkerungsreichsten Land der Welt. Nun steht man offenbar vor einem Durchbruch. Das ergaben Verhandlungen im Januar in Indien, bei der neben Wirtschaftsminister Guy Parmelin auch Helene Budliger dabei war. «Jetzt werden die letzten Feinheiten geklärt», sagt die Seco-Chefin.

Die Vorteile eines Abkommens mit Indien überwögen – einem Land mit 1.4 Milliarden Einwohnern. «Heute kämpfen unsere Firmen der Metallindustrie mit dem teuren Schweizer Franken und mit Deutschland, das nicht ganz in Form ist.»

Heute bezahle die Schweiz in Indien hohe Einfuhrzölle. Ein Freihandelsabkommen bedeute deshalb einen grossen Wettbewerbsvorteil. «Und wir wären vor der EU und vor Grossbritannien.»

Sanktionen gegen Russland

Das Seco setze die Sanktionen gegen Russland zu wenig strikt um, so die Kritik an der Schweiz. Sanktionen, um Russland finanziell und militärisch zu schwächen.

Auch die Schweiz zieht zwar mit und friert zum Beispiel Vermögen von kremlnahen Politikern, Oligarchen und Unternehmen ein. Doch die USA und die EU befanden, die Schweiz sei zu passiv. Der US-Botschafter griff die Seco-Chefin dabei im vergangenen Jahr persönlich an.

Budliger fühlt sich heute nicht mehr angegriffen. Sie käme gerade von einem zweitägigen Besuch aus Washington zurück. «Es ist keine Kritik da, sondern Dank, dass sich diese Kooperation eingespielt hat und auch, dass sich die Schweiz entschlossen hat, die Sanktionen mitzutragen.»

ECO Talk, 19.02.2024, 22:25 Uhr

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