Facebook am Arbeitsplatz, das hiess bis anhin: Heimlich die Statusmeldungen seiner Freunde kontrollieren, immer in der Angst, von Kollegen oder Vorgesetzten entdeckt zu werden. Seit dieser Woche hat Facebook am Arbeitsplatz aber eine neue Bedeutung: Unter dem Namen «Workplace» gibt es jetzt ein Angebot von Facebook, das sich explizit an Firmen richtet und nicht an Privatpersonen.
Für Facebook ist der Einstieg in die Unternehmenskommunikation der erste grosse Schritt ins Geschäft mit Firmenkunden. Dass das soziale Netzwerk auch in diesem Bereich nach Ertragsmöglichkeiten sucht, war schon länger klar. «Workplace» setzt auf bewährte Facebook-Elemente wie etwa den Newsfeed, Gruppen oder Chats und passt sie für den Unternehmensalltag an.
Der Dienst soll auf einfache Art Kollaboration innerhalb eines Unternehmens ermöglichen. Mitarbeiter können Gruppen bilden und untereinander an Projekten arbeiten oder Brainstormen. Mittels Live-Video hat aber zum Beispiel auch der CEO einer Firma die Möglichkeit, sich direkt an alle seine Angestellten zu richten. In den nächsten Wochen soll das alles auch unternehmensübergreifend möglich werden, für sogenannte «Multi-Company-Groups».
Vorteil Facebook: Die riesige Nutzerbasis
«Workplace» wurde Anfang 2015 zum ersten Mal vorgestellt, damals noch unter dem Namen «Facebook at Work». Seither war es in einer Beta-Testphase, an der Facebook zufolge rund 1000 Unternehmen teilgenommen haben. Darunter auch grosse Konzerne wie etwa Danone, die Royal Bank of Scotland oder Starbucks. Allein die Kaffeekette zählt über 200'000 Mitarbeiter. Das zeigt das Potenzial, das ein Dienst wie «Workplace» hat.
Seit dieser Woche können nun alle interessierten Unternehmen das Angebot nutzen. Damit steigt Facebook eher spät in den Bereich der Unternehmenskommunikation ein. Konkurrenten wie Slack , aber auch Microsoft mit seinen Angeboten wie Yammer oder Skype sind dort schon seit Jahren aktiv und versuchen, verschiedene Kommunikationsmittel wie Email, Videochat oder Papiernotizen innerhalb eines Unternehmens auf einer einzigen Plattform zu bündeln.
Ihnen gegenüber hat Facebook den Vorteil seiner riesigen Kundenbasis: 1,7 Milliarden aktive Nutzer – also fast ein Viertel der Weltbevölkerung – müssen nicht erst lernen, was ein Newsfeed ist und wie der Facebook-Chat funktioniert. Das könnte bei vielen IT-Verantwortlichen den Ausschlag geben, lieber den Dienst von Facebook als den eines Konkurrenten zum Werkzeug der Unternehmenskommunikation zu machen.
Grau statt blau
«Workplace» funktioniert dabei völlig getrennt vom normalen Facebook-Konto. Das heisst, es ist ein neues Login für die «Workplace»-Webseite nötig. Für das Smartphone gibt es eine eigene «Workplace»-App. So können auch Leute den Dienst nutzen, die noch nicht bei Facebook registriert sind.
Für bestehende Facebook-Nutzer ist es zumindest jetzt noch nicht möglich, einfach zwischen den beiden Konten hin und her zu wechseln. Das wird Leute freuen, die ihr Arbeitsleben so getrennt wie möglich von privaten Angelegenheiten halten wollen.
Insgesamt sieht «Workplace» aber dem Facebook, das wir aus dem Privatleben kennen, sehr ähnlich – bloss, dass das bekannte Blau des sozialen Netzwerkes durch ein dezentes Grau ersetzt wurde.
Facebook betont, das neue Angebot lasse sich einfach in bestehende IT-Strukturen integrieren und trage dem hohen Sicherheitsbedürfnis von Unternehmen Rücksicht.
Zum ersten Mal keine Werbeeinnahmen
Und: Werbung sucht man bei «Workplace» vergeblich. Denn statt auf Werbeeinkünfte setzt Facebook hier zum ersten Mal auf Abonnementsgebühren. Je nach Grösse bezahlen die Firmen eine Monatsgebühr, die von 1 Dollar pro aktivem Nutzer für Unternehmen mit mehr als 10'000 Mitarbeitern bis zu 3 Dollar für Unternehmen mit weniger als 1000 Mitarbeitern reicht.
Damit ist «Workplace» für die Firmen deutlich günstiger als etwa das Angebot von Slack, das je nach Variante zwischen 6,67 Dollar und 12,50 Dollar pro Nutzer kostet. Allerdings gibt es von Slack auch eine kostenfreie Version mit eingeschränktem Funktionsumfang.
Facebook scheint sich zu Beginn aber auf eine andere Zielgruppe zu konzentrieren, als es die Konkurrenz tut: auf Verkaufspersonal oder Mitarbeiter im Aussendienst zum Beispiel. Also auf Angestellte, die nicht ständig am Bürotisch sitzen, aber trotzdem in die Unternehmenskommunikation eingebunden werden sollen.
Privatkenntnisse für das Büro
«Workplace» ist deshalb noch keine direkte Konkurrenz zu Slack oder Microsoft. So wird es zunächst auch keine Hilfsmittel zur Bearbeitung von Dokumenten geben, wie es etwa Word oder Excel sind. Stattdessen soll «Workplace» hier in bestehende Angebote integriert werden und zum Bespiel mit den Diensten von Microsoft zusammenarbeiten.
Das Beispiel «Workplace» zeigt aber, dass die Software für Privatanwender und für Unternehmen sich in vielen Bereichen einander annähert. Das wird auch bei anderen Diensten wie etwa dem digitalen Notizblock Evernote deutlich, der bei Privaten und Firmen ebenso zum Einsatz kommt und in beiden Fällen gleich funktioniert.
Für die Unternehmen hat das den Vorteil, dass viele Angestellte für bestimmte Anwendungen nicht mehr aufwändig geschult werden müssen. Zudem sind sie am Arbeitsplatz wohl eher bereit, einen ihnen bekannten Dienst zu nutzen als eine völlig neue Software. Davon wird auch Facebook profitieren, wenn es versucht, mit «Workplace» auch bei Firmenkunden Fuss zu fassen.