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Wirtschaftserfolg der Schweiz Swissness funktioniert – trotz Frankenstärke

Obwohl ihr ein rauer Wind entgegenbläst, schlägt sich die Schweizer Exportwirtschaft wacker. Was steckt hinter dem Swissness-Wunder?

Frankenstärke als Fitnesskur: Die renommierte «Financial Times» (FT) kommt ins Schwärmen: Die Schweizer Wirtschaft sei ein Fels in der Brandung. Obwohl keine andere Exportnation so sehr mit einer starken Landeswährung zu kämpfen habe, betont der indisch-amerikanische Autor Ruchir Sharma in einem Gastbeitrag. Tatsächlich sind unsere Exportfirmen hart trainiert: Sie verkaufen ihre Produkte im Ausland, obschon die Frankenstärke dies massiv erschwert. Zum Dollar und zum Euro – den Währungen der wichtigsten Absatzmärkte – hat sich der Franken in den letzten fünf Jahren um 15 beziehungsweise 13 Prozent verteuert. Exportbranchen wie Pharma, Uhren, Schokolade und die Maschinenindustrie bleibt nichts anderes übrig: Sie müssen mit Qualität und Innovation überzeugen. Offenbar gelingt ihnen das.

Die Fitnesskur ist nicht schmerzfrei.
Autor: Alexander Rathke Departement Management, Technologie und Ökonomie der ETH Zürich

Starke industrielle Basis: Seit zwei Jahrzehnten hält sich der hiesige Industriesektor bei rund einem Fünftel der volkswirtschaftlichen Gesamtleistung. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Andere entwickelte Volkswirtschaften wie beispielsweise Frankreich erleben einen schleichenden Niedergang der Industrie. «Die Fitnesskur ist nicht schmerzfrei. Der Preis dafür ist struktureller Wandel», sagt Ökonom Alexander Rathke von der ETH Zürich. «Teile des verarbeitenden Gewerbes mussten Federn lassen, beispielsweise die Stahlindustrie, dafür ist heute vor allem die Pharmaindustrie sehr erfolgreich im Export.»

Erfindungen als Schlüssel: Schweizer Unternehmen haben letztes Jahr so viele Patente angemeldet wie noch nie, notiert das Europäische Patentamt (EP0): Mit ihren rund 10'000 Anmeldungen liegt die Schweiz – in absoluten Zahlen – weltweit auf Platz sieben, nach den USA, Deutschland, Japan, China und weiteren führenden Industrieländern. Pro Kopf schafft es die Schweiz sogar auf den ersten Platz bei den Patentanmeldungen. Das spricht für den hiesigen Erfindungsreichtum und die Innovationskraft. Ein Treiber dürften die Unis und technischen Hochschulen sein, die Fachkräfte ausbilden für die Wirtschaft.

«Swiss Made» zieht: Schweizer Qualität funktioniert als Verkaufsargument. Wie der Bund auf seinem Portal für kleinere und mittlere Unternehmen zur «Swissness» schreibt, macht dieser Bonus bei manchen Produkten 20 Prozent des Verkaufspreises aus. Bei Luxusgütern wie Uhren seien es sogar bis zu 50 Prozent. Entsprechend aufmerksam wacht das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) darüber, dass die helvetische Herkunftsangabe nicht missbraucht wird. Für das Gütesiegel gelten Mindeststandards. So müssen bei Industrieprodukten 60 Prozent oder mehr der Kosten – inklusive Forschung und Entwicklung – in der Schweiz angefallen sein.

Hält das Swissness-Wunder an? Einiges spricht dafür. Es braucht viel, bis wichtige Stützen wie die politische Stabilität, die attraktiven Lebensbedingungen für Hochqualifizierte und die gute Infrastruktur erodieren. ETH-Ökonom Alexander Rathke betont: «Wichtig ist es, hochspezialisierte Produkte anbieten zu können, etwa Medikamente, die sich weltweit gut verkaufen lassen und nicht nur in einzelnen Absatzmärkten.» Allerdings: Wie schwierig es ist, die Vorzüge einer kleinen Exportnation zu verteidigen, zeigt der aktuelle Zollstreit mit den USA. Ob die Schweiz Trumps Zusatzzölle wieder wegverhandeln kann, ist offen.

SRF 4 News, 2.6.2025, 16:11 Uhr;liea

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