Sara Fröhlich kennt sich aus mit Kundinnen und Kunden, die bestellen, die Ware beziehen, aber nie bezahlen. Sie gestaltet und vertreibt Bastelboxen für Kinder. Einzeln oder im Monats-Abo. Bei 10 bis 20 Prozent aller Bestellungen muss sie nach dem Versand dem Geld hinterherrennen. Zuerst mit einem Mail, dann mit einer Ermahnung.
Gleich die allererste Bestellung war von jemandem, der nicht bezahlte.
Eine Betreibung einzuleiten ist aber für sie, die Bastelteile und -Anleitung für den Traumfänger oder den Wichtelgarten selbst gestaltet und verschickt, zu aufwändig. «Dafür ist mein Geschäft zu klein, das lohnt sich nicht.»
10 bis 20 Prozent: Inkasso-Experte Raoul Egeli überraschen solche hohen Zahlen nicht. Ihm zufolge wissen Kundinnen und Kunden, dass sie kein grosses Risiko eingehen und kaum belangt werden, vor allem bei kleinen Bestellungen.
Egeli macht ein Beispiel: Eine Bestellung von 300 Franken, 5 Prozent Marge, also bleiben 15 Franken beim Shop. Da lohne es sich nicht, die Betreibungskosten von 17 Franken zu bezahlen.
Konsumenten wissen, dass kleine Beträge nicht durchgesetzt werden.
Auch der Fairtrade-Lebensmittelhändler Gebana hat Erfahrung mit Zahlungsunwilligen. In der Schweiz wird laut Geschäftsführer Christophe Schmidt zwar nur ein Bruchteil der bestellten Ware nicht bezahlt, im EU-Raum jedoch 6 Prozent.
In einem Fall in Deutschland habe ein Kunde 43 Bestellungen im Gesamtwert von 17'000 Franken aufgegeben, aber nie bezahlt. Der Versuch, das Geld einzutreiben, scheiterte. «Wir mussten den Betrag abschreiben», sagt Schmidt.
Was tun? Sara Fröhlich liefert nur noch auf Vorauskasse. Gebana hat dies im Sommer ebenfalls eingeführt, jedoch nicht zur Freude der Kundschaft. «Es ging nicht lange, bis wir Reklamationen von Kunden hatten, die auf Rechnung bestellen wollten, ohne sich einzuloggen», sagt Geschäftsführer Schmidt.
Das habe auch Einfluss auf die Zahl der Bestellungen gehabt. Nach vier Wochen war Bestellen auf Rechnung wieder möglich – unter bestimmten Bedingungen.
Nach drei Mahnungen folgt das Inkasso
Und dann gibt es die Kundschaft, die zwar bezahlt, aber erst auf mehrmalige Aufforderung. Beispiel Digitec Galaxus: Kunden, die auf Rechnung bestellen, bezahlen jede vierte Rechnung zu spät. Wird auch nach drei Mahnungen nicht bezahlt, leitet Digitec das Inkasso ein.
Dienste von Inkasso-Firmen nehmen Shop-Betreiber und andere Firmen zunehmend in Anspruch. Aktuell stapeln sich bei Inkasso-Dienstleistern schweizweit über 5 Millionen Dossiers, wie Raoul Egeli sagt. Es geht insgesamt um über 11 Milliarden Franken. Geld, auf das Unternehmen warten, für das sie bereits eine Leistung erbracht haben.