Am 1. Oktober tritt das Freihandelsabkommen mit Indien in Kraft. Was es bringen kann – für die Schweiz und für Indien –, schätzt Wirtschaftsredaktor Damian Rast ein.
Was sieht das Freihandelsabkommen mit Indien vor?
Der Handel zwischen der Schweiz und Indien wird ab dem 1. Oktober einfacher. Mit dem zwischen den Efta-Staaten (Schweiz, Lichtenstein, Island und Norwegen) und Indien vor über einem Jahr unterzeichneten Abkommen können künftig auch Schweizer Unternehmen einen Grossteil ihrer Produkte zollfrei nach Indien exportieren. Im Gegenzug haben die Efta-Staaten Indien versprochen, dass ihre Unternehmen in den nächsten 15 Jahren 100 Milliarden Dollar in Indien investieren und dort eine Million Arbeitsplätze schaffen werden.
Was sind die Vorteile für die Schweiz?
Die Schweizer Wirtschaft ist auf Exporte angewiesen. Deshalb belasten die US-Zölle die hiesigen Unternehmen derzeit stark, ebenso wie die schwächelnden Volkswirtschaften in Europa und China. Da kommt das Abkommen mit Indien gerade richtig. Indien ist mit über 1.4 Milliarden Einwohnern riesig, die Bevölkerung ist jung und die indische Wirtschaft wächst. Das bietet Schweizer Unternehmen die Chance, Maschinen, Uhren oder neue Medikamente im grossen Stil nach Indien zu verkaufen.
Können die ehrgeizigen Ziele erreicht werden?
Die Investitionen von Unternehmen der Efta-Staaten in Indien in Höhe von 100 Milliarden Dollar bis 2040 tönen als Ziel ehrgeizig. Immerhin: Philippe Reich, der Präsident der schweizerisch-indischen Handelskammer, sagt, das sei «machbar». Ein Grund für den Optimismus ist die lange Frist: Wird das Investitionsziel nicht erreicht, kann Indien frühestens in zwanzig Jahren die Zugeständnisse bei den Zöllen wieder aussetzen. Ausserdem ist die internationale Lage derzeit günstig für die Investitionszusagen der Efta-Staaten. Vor dem Hintergrund des Handelskonflikts mit den USA und der geopolitischen Rivalität zwischen den USA und China dürfte es von Vorteil sein, dass Indien als blockfreier Staat gilt. Zumal Indien stark von Investitionen in Technologie abhängig ist.
Welche Industriebereiche werden profitieren?
Die Nachfrage nach Technologie macht es für Schweizer Unternehmen attraktiv, nach Indien zu expandieren und dort Standorte zu eröffnen. Der Verband der Schweizer Tech-Industrie (Swissmem) sieht in dem Abkommen einen «Lichtblick in einer schwierigen Phase für Exportunternehmen». Auch die Chemie- oder die Pharmabranche machen sich Hoffnungen, den indischen Markt besser zu erschliessen. Schweizer Unternehmen könnten auch hierzulande profitieren – zum Beispiel vom starken indischen Know-how im IT- und KI-Bereich.
Wo liegen die Risiken für Indien?
Manche Experten weisen darauf hin, dass die Zollerleichterungen, die Indien gewährt, auch dazu führen könnten, dass die Investitionen in Indien weniger stark wachsen als versprochen. Wenn Schweizer Unternehmen ihre Maschinen zollfrei nach Indien exportieren könnten, müssten sie ja nicht vor Ort produzieren, so die Argumentation. Man geht deshalb davon aus, dass es wichtig ist, interessierte Schweizer Unternehmen intensiv und breit über das Potenzial Indiens zu informieren. Daneben müssen sich die Efta-Staaten aber auch dafür einsetzen, dass Indien seinen Teil zu einer Verbesserung des Investitionsklimas beiträgt. Dazu hat sich Indien schliesslich auch verpflichtet.