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Trotz Vogelgrippe-Schutzmassnahmen: Begriff «Freiland-Eier» bleibt
Aus Espresso vom 29.03.2023. Bild: SRF
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Kein Weidegang Weshalb Freiland-Eier noch so heissen dürfen

Wegen der Vogelgrippe-Schutzmassnahmen müssen auch Freiland-Hühner im Stall oder Wintergarten bleiben.

Seit Ende November müssen Schweizer Geflügelhalter wegen der Vogelgrippe strenge Schutzmassnahmen einhalten. Hausgeflügel muss entweder im Stall bleiben oder darf nur in einen vor Wildvögeln geschützten Auslauf. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV hat diese Massnahmen kürzlich bis Ende April 2023 verlängert.

Sie gelten auch für Hühner aus Freilandhaltung und Bio-Hühner. Deren Eier werden aber weiterhin als «Eier aus Freilandhaltung» und «Bio-Eier» verkauft – zum entsprechenden Preis. Verschiedene Hörerinnen und Hörer des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso» fragen sich, weshalb das erlaubt ist. Denn die Vorschriften sind eigentlich klar: Freilandhaltung = Auslauf, draussen auf der Weide.

Hinweise am Eier-Regal

In solch aussergewöhnlichen Situationen wie einer Vogelgrippe-Welle greift eine Ausnahmeregelung des Bundes: Freiland-Eier dürfen 16 Wochen lang weiter unter dieser Bezeichnung verkauft werden, auch wenn die Hühner nicht auf eine Weide können.

Darum haben wir zusammen mit den Eierproduzentinnen und -produzenten eine angepasste Kennzeichnung erarbeitet.
Autor: Sarah Camenisch BLV

Diese Frist ist inzwischen abgelaufen, aber auf den Eierschachteln steht immer noch «Freilandhaltung». Sarah Camenisch vom BLV sagt dazu: «Das ist für die Konsumentinnen Konsumenten nicht optimal. Darum haben wir zusammen mit den Eierproduzentinnen und -produzenten eine angepasste Kennzeichnung erarbeitet.»

Das heisst konkret, dass die Detailhändler an den Eierregalen Hinweistafeln anbringen: «Zum Schutz der Legehennen ist ihr Auslauf aktuell auf den für die Freilandhaltung vorgeschriebenen Aussenklimabereich oder Wintergarten beschränkt.»

Vogelgrippe-Massnahmen gelten auch für private Hühnerhalter

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Im Zentrum einer Informationskampagne des Bundes und des Schweizer Tierschutzes (STS) zur privaten Hühnerhaltung steht neben dem Tierwohl auch die Prävention von Tierseuchen wie der Vogelgrippe. «Die privaten Hühnerhaltungen haben dabei eine grosse Verantwortung», sagt Sarah Camenisch, Sprecherin des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen. Auch wer nur eine Handvoll Hühner halte, müsse die aktuellen Vogelgrippe-Massnahmen unbedingt einhalten. Die wichtigsten drei:

  1. Schutz: Der Auslauf der Tiere muss so geschützt sein, dass Wildvögel nicht eindringen können. Z.B. kann man den Auslauf mit einem engmaschigen Netz umspannen. Wichtig ist, dass das Netz wirklich so eng ist, dass nicht der kleinste Spatz eindringen kann. Ist dies nicht möglich, müssen die Tiere im Stall bleiben.
  2. Hygiene: Es ist wichtig, dass man die Hände wäscht sowie die Kleider und Schuhe wechselt, wenn man bei den Hühnern gewesen ist. Auch sollen die Hühnerhaltungen möglichst wenig verschiedenen Leuten Zugang zu den Hühnern gewähren.
  3. Registrierung: Jede Hühnerhaltung muss beim Kanton registriert werden. Das ist Pflicht. Nur so kann dieser im Fall einer Vogelgrippe die privaten Haltungen rasch informieren und Massnahmen verfügen.

    Eierhändler: Anpassungen brauchen Monate

    In einem Artikel in den Tamedia-Zeitungen verlangt der Konsumentenschutz mehr, nämlich Kleber mit dieser Information auf jeder Freilandeier-Schachtel. Und in Kommentaren werden Eierschachteln ohne die Bezeichnung «Freilandhaltung» gefordert.

    Man kann bei diesen Mengen nicht schnell jemanden ans Fliessband stellen, der jedes Mal einen Kleber auf die Schachtel drückt.
    Autor: Sonja Müller Ei AG

    «Espresso» konfrontiert einen der grössten Eierhändler in der Schweiz, die Ei AG in Sursee LU damit. Sonja Müller, verantwortlich für Beschaffung und Qualitätsmanagement sagt, dass es Monate brauche, um die verschiedenen Verpackungen für Freilandeier anzupassen. Auch der Vorschlag mit den Klebern sei bei dreieinhalb Millionen Eiern, die die Ei AG pro Woche verarbeite, nicht einfach umsetzbar: «Man kann bei diesen Mengen nicht schnell jemanden ans Fliessband stellen, der jedes Mal einen Kleber auf die Schachtel drückt.» Bei solchen Mengen brauche es technische Lösungen und die seien nicht kurzfristig umsetzbar.

    Langfristiges Ziel: Korrekt beschriftete Eierkartons

    Dass der Preis im Laden gleichgeblieben ist, begründet die IG-Detailhandel damit, dass die Produzentinnen und Produzenten weiterhin sogenannte RAUS-Beiträge für Freilandhaltung erhielten. Denn sie müssten die Weiden für die Freiland-Hühner weiter unterhalten.

    Im Moment gilt also die Lösung mit den Hinweisen am Ladenregal. Aber eigentlich müssten die Eier richtig deklariert sein. Das ist auch dem BLV bewusst. Eine Arbeitsgruppe aus Bund und Branchenvertretern sucht deshalb nach langfristigen Massnahmen, damit die Bezeichnung der Eier auch in Situationen stimmt, wo Schutzmassnahmen länger als 16 Wochen gelten, sagt Sarah Camenisch vom BLV:  «Konsumentinnen und Konsumenten müssen möglichst einfach erkennen können, was Sie kaufen. Das Ziel muss daher sein, dass die Verpackung korrekt angeschrieben ist.

    Weitere Tipps und Regeln für private Hühnerhaltungen

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    In den schätzungsweise 70'000 privaten Hühnerhaltungen in der Schweiz werden nicht immer die Bedürfnisse der Tiere erfüllt.

    Zur Informationskampagne des Bundes und des Schweizer Tierschutzes (STS) für private Hühnerhaltungen gibt es eine Webseite, Posts auf sozialen Medien und eine 20-seitige Broschüre. Sie enthält unter anderem wichtige Empfehlungen, damit Hühner gesund bleiben und sich arttypisch verhalten können. Die fünf wichtigsten Empfehlungen daraus:

    • Die Bedürfnisse der Hühner erfüllen: Hühner leben natürlicherweise in Gruppen und dürfen deshalb nicht einzeln gehalten werden. Sie sind keine Streicheltiere und gehören nicht in die Wohnung. Zu ihren natürlichen Bedürfnissen gehört es, scharren, picken und staubbaden zu können. Idealerweise gewährt man ihnen dafür Auslauf.
    • Genügend Platz anbieten: Für drei bis sechs Hühner sollte ein Gehege, bestehend aus Stall, Voliere und Weide, idealerweise eine Fläche von sechzig Quadratmetern aufweisen. Der Hühnerstall sollte mindestens zwei Quadratmeter gross sein. Darin braucht es Nester für die Eiablage sowie erhöhte Sitzstangen, auf denen die Hühner schlafen. Eine überdachte Voliere ist empfehlenswert. So können die Hühner den Auslauf beim Auftreten einer Seuche wie der Vogelgrippe weiterhin nutzen. Die Weide sollte von einem stabilen, genügend hohen Zaun umgeben sein, damit Beutegreifer wie Füchse nicht eindringen können.
    • Mit geeignetem Futter versorgen: Hühner sind Allesfresser. Trotzdem darf man ihnen nicht wahllos alles geben. Als Hauptnahrung eignet sich Alleinfutter für Legehennen in Form von Futtermehl oder Pellets. Körnermischungen, Rüstabfälle und Strauchfrüchte sollten nur in kleinen Mengen gefüttert werden. Essensreste sowie Nudeln, Kartoffeln oder Brot sind kein geeignetes Futter für Hühner.
    • Die Hühner gesund halten: Um Hühner vor Krankheiten und Parasiten zu schützen, sind Hygiene und Sauberkeit rund um Stall und Auslauf wichtig. Die Hühner müssen täglich beobachtet werden: Gesunde Tiere sind lebhaft, haben ein intaktes Gefieder sowie gesunde Beine und Fussballen. Kranke Hühner wirken matt oder apathisch. Im Zweifelsfall hilft der Tierarzt oder die Tierärztin weiter.
    • Den Kauf sorgfältig planen: Die Anschaffung von Hühnern will gut überlegt sein: Die Tiere können bis zu zehn Jahre alt werden. Käuferinnen und Käufer sollten die Hühnerhaltung, aus der sie Tiere übernehmen, vorgängig besuchen. Die Haltung sollte einen sauberen und die Tiere einen gesunden Eindruck machen. Vom Kauf von Rassen mit extremen Merkmalen oder von Tieren aus dem Ausland raten das BLV und der STS ab.

    Espresso, 29.03.23, 08:13 Uhr

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