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Rechtsfrage: «Muss meine Frau die Minusstunden abarbeiten?»
Aus Espresso vom 06.02.2020. Bild: Getty Images
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Annahmeverzug «Muss meine Frau die Minusstunden abarbeiten?»

Weil ihr Arbeitgeber ins Ausland verreist, kann eine Nanny einen Monat lang nicht arbeiten. Die ausgefallenen Stunden soll sie nacharbeiten. «Espresso» sagt, ob das zulässig ist.

Eine Frau aus Lachen im Kanton Schwyz arbeitet seit zwei Jahren bei einer Familie als Kinderbetreuerin. Die Familie ihres Arbeitgebers verbringt regelmässig längere Ferien im Ausland. Bisher sei seine Frau jeweils mitgereist, erzählt ihr Ehemann. Kürzlich habe ihr der Arbeitgeber mitgeteilt, dass er sie für den nächsten Auslandaufenthalt nicht mitnehmen wolle. Sie bekomme zwar den Lohn in dieser Zeit, müsse aber die «verpasste» Arbeitszeit nachholen.

Für die Nanny bedeutet das: Sie müsste in den nächsten Monaten neben ihrem normalen Pensum zusätzlich 180 Arbeitsstunden nacharbeiten. «Ist das wirklich korrekt?», möchte ihr besorgter Ehemann vom Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1 wissen.

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Der Lohn bleibt geschuldet, wenn einem der Chef nicht arbeiten lässt

Rechtlich gesehen ist die Sache klar und rasch erklärt: Was der Arbeitgeber hier verlangt, ist nicht korrekt. Die Frau muss diese Stunden nicht nacharbeiten. Lässt einem der Arbeitgeber nicht arbeiten, weil er abwesend ist, weil der Betrieb stillsteht oder weil zu wenig oder keine Arbeit vorhanden ist, so muss diese Zeit weder nachgearbeitet werden, noch darf der Arbeitgeber die ausgefallenen Stunden vom Lohn abziehen.

Juristisch gesprochen befindet sich der Arbeitgeber in dieser Situation im sogenannten «Annahmeverzug». Das Gesetz schreibt vor, dass das Unternehmen bei einem «Annahmeverzug» die Löhne der Angestellten weiterbezahlen muss, auch wenn diese keine Leistung dafür erbringen. Einzige Voraussetzung für den Lohnanspruch ist jedoch, dass Angestellte in einer solchen Situation ihre Arbeitskraft ausdrücklich anbieten.

Bei Streit sollen Angestellte früh Hilfe holen

Für die Frau des «Espresso»-Hörers bedeutet das: Sie muss gegen die Ankündigung ihres Arbeitgebers schriftlich protestieren und ihm seine Arbeitskraft während der Ferien anbieten.

Geht er darauf nicht ein, sollte sich die Frau wehren und rechtliche Hilfe bei einer Beratungsstelle holen. Vor allem, wenn der Arbeitgeber zusätzliche Leistungen verlangt oder Lohnabzüge vornimmt.

Bringt die Intervention einer Beratungsstelle keine Lösung, kann sich die betroffene Angestellte ans Arbeitsgericht wenden. Hier ist gut zu wissen: Bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 30'000 Franken fallen keine Gerichtskosten an. Das Verfahren ist also kostenlos.

Espresso, 06.02.2020, 08.10 Uhr

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